Süddeutsche Zeitung

Wohnen:Wann sich der Immobilienboom umkehren könnte

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Von Thomas Öchsner

Wohnungen und Häuser werden in Deutschland weiter immer teurer. Der seit Jahren anhaltende Anstieg der Immobilienpreise hat sich zum Beginn des Jahres 2019 fortgesetzt. Dies teilte das Statistische Bundesamt mit. Demnach ziehen die Preise nicht nur in den sieben größten Metropolen an, also in Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf, sondern auch in "ländlichen Regionen".

Besonders stark waren die Aufschläge erneut in den sieben Top-Metropolen. Dort lagen die Preise für Eigentumswohnungen im ersten Quartal 2019 im Durchschnitt um 8,6 Prozent höher als ein Jahr zuvor, bei Ein- und Zweifamilienhäusern betrug das Plus in diesen Großstädten 6,9 Prozent. Auf dem Land war der Preisanstieg nicht ganz so stark. Häuser in dichter besiedelten ländlichen Kreisen verteuerten sich um 4,3 Prozent, Wohnungen um 1,7 Prozent. Insgesamt erhöhten sich damit die Preise für Wohnimmobilien bundesweit um durchschnittlich fünf Prozent.

Der Immobilienboom hält seit fast zehn Jahren in Deutschland an, getrieben von den historisch niedrigen Zinsen, der guten Konjunktur und der hervorragenden Lage auf dem Arbeitsmarkt. In den Städten und Ballungsräumen steigen die Preise vor allem wegen der Verknappung des Wohnraums. Mehr Menschen zieht es in die Städte. Dort gibt es aber nicht genug bezahlbare Wohnungen. 2018 wurden 287 000 Wohnungen bundesweit fertiggestellt. Das Ziel der Bundesregierung, 375 000 Einheiten pro Jahr, wurde damit weit verfehlt. Der Neubau kann die hohe Nachfrage in den Städten bei weitem nicht decken.

Allein seit Ende 2015 sind die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland somit um 22 Prozent gestiegen. In den sieben Metropolen verteuerten sich Eigentumswohnungen in diesem Zeitraum sogar um gut 40 Prozent. Die hohen Preise schlagen sich auch in höheren Mieten nieder. Ob Mietendeckel, wie in Berlin geplant, dagegen helfen, ist jedoch umstritten.

Die steuerliche Zehn-Jahres-Frist könnte vermehrt zu Immobilienverkäufen führen

Unter Immobilienexperten wird schon seit längerem diskutiert, wann eine Trendumkehr einsetzt. Die Deutsche Bundesbank hatte sich wiederholt kritisch wegen einer möglichen Überhitzung des Marktes geäußert. Wohnungen und Häuser könnten in Großstädten um bis zu 30 Prozent überteuert sein, so die Bundesbank. Das Analysehaus Empirica hatte vor einem "Rückgang der Kaufpreise insbesondere in München und Berlin und möglicherweise in Stuttgart um real ein Viertel bis ein Drittel" gewarnt. Auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) stellte in einer Studie fest: Es gebe "Anzeichen für spekulative Überbewertungen", allerdings in erster Linie in den Metropolen.

Ein Argument für fallende Wohnimmobilien-Preise ist die steuerliche Zehn-Jahres-Frist: Wer vor zehn Jahren eine solche Immobilie gekauft hat, kann beim Verkauf den Gewinn aus dem Preisanstieg einheimsen, ohne diesen versteuern zu müssen. Die Spekulationsfrist beläuft sich auf zehn Jahre. Das könnte ein Anreiz für den Verkauf von (nicht selbst genutzten) Anlageobjekten sein. Sollten daher viele Wohnimmobilien angeboten werden, könnte dies die Preise drücken.

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Quelle:
SZ vom 27.06.2019
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