Süddeutsche Zeitung

Verschwundener Milliardär Xiao Jianhua:Milliardär in China verschwunden - trotz fünf Leibwächterinnen

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Von Christoph Giesen, Peking

Wo steckt Xiao Jianhua? Keine andere Frage wird in Hongkong derzeit intensiver diskutiert. Das letzte Mal wurde der Milliardär am Freitag im Nobelhotel Four Seasons gesehen, dort steigt er gewöhnlich ab.

Am Dienstag tauchten in Chinas sozialen Netzwerken zwei Nachrichten auf, verbreitet von Xiaos Firmenaccount beim Nachrichtendienst Wechat. Alles sei in Ordnung, Xiao lasse sich im Ausland behandeln. Inzwischen sind die Meldungen gelöscht. Am Mittwoch erschien in einer Hongkonger Zeitung eine Anzeige. Darin wird die chinesische Regierung gelobt, und wieder heißt es: Xiao befinde sich nicht in China, sondern lasse sich ärztlich durchchecken. In Hongkong glaubt das niemand, etliche Medien haben recherchiert, dass Xiao sich in der Volksrepublik aufhält und das offenbar nicht freiwillig.

Xiao lässt sich von fünf Leibwächterinnen bewachen

Ende 2015 gab es einen ähnlichen Fall. Damals verschwand der Milliardär Guo Guangchang. Nach ein paar Tagen tauchte er wieder auf und erklärte, er habe die Polizei bei Ermittlungen unterstützt. Zwischen Guo und Xiao gibt es einen Unterschied: Guo ist Chinese und wurde vor seinem Abtauchen das letzte Mal am Shanghaier Flughafen gesichtet. Xiao hielt sich in Hongkong auf, dort gelten andere Gesetze, außerdem ist er kanadischer Staatsbürger und reist mit einem Diplomatenpass des Karibikstaates Antigua und Barbuda. Und da ist noch eine Hürde: Der 45-Jährige lässt sich von fünf Leibwächterinnen bewachen, die ihm auf Schritt und Tritt folgen. Schwitzt er, tupfen sie ihm den Schweiß von den Augenbrauen.

Die Panik unter den Hongkonger Geschäftsleuten ist nun groß. Denn: Sollte Xiao tatsächlich gekidnappt worden sein, kann Pekings langer Arm jeden holen. Sogar diejenigen, die dem Regime bislang gewogen waren. So wie Xiao.

Xiao war lange Zeit ein enger Vertrauter der Familie von Präsident Xi Jinping

Aufgewachsen ist er als eines von sechs Kindern in einem Bergdorf in der ostchinesischen Provinz Shandong. Der Vater war Lehrer an der örtlichen Mittelschule. In den Achtzigerjahren bekam Xiao einen Studienplatz an der renommierten Peking-Universität im Fach Jura. Während der Studentenproteste und dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens war Xiao Mitglied der Studentenvertretung. Im Gegensatz zu vielen seiner Kommilitonen, war er der Regierung stets verbunden und lehnte Forderungen nach mehr Demokratie ab. Geschadet hat es seiner Karriere nie.

Gleich nach der Universität wurde er Geschäftsmann, eng mit dem Staat verflochten. Erst verkaufte er Computer, bald Immobilien und Versicherungen. Sein Vermögen wird inzwischen auf etwa sechs Milliarden Dollar geschätzt. Ob das stimmt, weiß niemand so genau, Xiaos Firmennetz ist hochkomplex und für Außenstehende nicht zu überschauen. Sicher ist jedoch, dass Xiao lange Zeit ein enger Vertrauter der Familie von Staatspräsident Xi Jinping war. So nahm er Xis Schwager Deng Jiagui nach Enthüllungen über dessen Vermögen ein Aktienpaket ab. Gut möglich, dass es mit dieser Freundschaft nun vorbei ist.

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Quelle:
SZ vom 02.02.2017
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