Süddeutsche Zeitung

Tresore:Sicher ist sicher

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Das Stuttgarter Auktionshaus Eppli vermietet Tresorfächer, und das mit Erfolg - denn wer weiß schon, was im Krisenfall mit dem eigenen Vermögen passiert?

Von Markus Zydra, Stuttgart

Wenn man ein Gefühl dafür entwickeln möchte, wie schlimm es um das geschäftliche Fundament des Bankensektors - das Vertrauen - steht, empfiehlt sich ein Gespräch mit Franz Eppli, 63, und Ferdinand Eppli, 29. Vater und Sohn führen in der baden-württembergischen Landeshauptstadt ein recht erfolgreiches Auktionshaus, direkt am Marktplatz. Ihr Job besteht vor allem darin, den Verkaufswert von Schmuck, Möbeln und Diamanten zu schätzen. Die beiden Epplis sind also keine Banker. Doch genau dieser Umstand erlaubt es ihnen, im Bankgeschäft zu wildern. Sie bieten wohlhabenden Schwaben Schließfächer an.

"Man glaubt gar nicht, wie sehr manche Menschen den Banken misstrauen", erzählt der Senior. Die Leute hätten sehr genau beobachtet, wie Sparer in Griechenland und auf Zypern in der Finanzkrise nicht mehr an ihr Geld und ihre Schließfächer gekommen sind. "Das hat viele verunsichert." Die Furcht, das könne auch in Deutschland passieren, sei da. Und deshalb gibt der Auktionator seiner Kundschaft ein Versprechen, das deutsche Banken im Ernstfall womöglich nicht halten könnten. "Auch in Finanz- und Bankkrisen haben Kunden bei uns jederzeit Zugang zum Schließfach." Die Nachfrage sei groß, und viele der knapp 1300 Schließfächer seien vermietet. Eppli sagt: "Bei uns hat sogar ein Banker ein Schließfach."

Eigentlich wollten die beiden ihrer Kundschaft einen Dienst tun und ihnen für die ersteigerten Wertgegenstände, etwa Münzen, einen sicheren Lagerplatz bieten. Doch als die Epplis Anfang des Jahres ihre "Safe Lounge" eröffneten, merkten sie bald, dass einige vermögende Schwaben ihrer Bank den Rücken kehren.

Natürlich interessiert die Kundschaft vor allem, ob ihr Vermögen auch im Familienbetrieb Eppli sicher verwahrt ist. Der Abstieg in den unterirdischen Tresorraum gibt Antwort. Man muss vier Kontrollen passieren. Kunden haben eine persönliche Zugangskarte und eine PIN. Das Personal gleicht am zweiten Kontrollpunkt den Kundennamen mit der Schließfachnummer ab. "Rund 70 Tonnen wiegt der Tresorraum. Alles harter Stahlbeton", sagt Franz Eppli. Bauarbeiter mussten die Straße aufreißen, um die Stahlbeton-Module in den Keller zu bauen. Die 30 Zentimeter dicke, rot lackierte Tür zum Tresor steht offen. Gewicht? "Zweieinhalb Tonnen." Im Tresorraum ist es eng und verwinkelt. Es gibt 1279 Schließfächer unterschiedlichster Größe. Ein plätscherndes Geräusch stört die Stille. Es klingt wie Regentropfen. "Der Lärm kommt von den Computern. Die Software prüft ständig, ob jemand die Schließfächer manipuliert."

Neulich sei eine ältere Kundin da gewesen, sagt Franz Eppli. Die Sehkraft der Dame muss nicht mehr so gut gewesen sein. Sie steckte den Schlüssel in ein falsches Schließfach. "Da ging oben im Büro sofort der interne Alarm los." Intern bedeutet: Noch keine Polizei. Die Inhaber schauen selbst nach, was passiert. In den Schließfächern liegen Schmuck, Gold, Bargeld und auch Computer-Festplatten. Eine Dame komme regelmäßig, um ihren Schmuck im Diskretionszimmer zu polieren und dann wieder wegzuschließen.

Die Gebühren sind höher als die der Bank. Dafür kommt man auch in der Krise ans Vermögen

Im Vorraum stehen schwarze Sessel auf rotem Teppich. Es gibt Kaffee. "Unsere Tresor-Gebühren sind höher als bei der Bank" sagt Eppli. Das ist der Preis für das Privileg "jederzeit" - auch in Bankenkrisen - Zugang zum eigenen Vermögen zu haben. Wobei, man muss einschränken: Nur während der Geschäftszeiten. Die Epplis prüfen jeden Abend, ob noch jemand im Tresorraum ist. "Der würde die Nacht zwar an einem sicheren Platz verbringen, als Kunden wären wir den dann aber los." Franz Eppli erinnert sich noch gut daran, dass Banker früher über ihn geschmunzelt haben, wenn er sagte, die Leute sollten nicht nur Bankprodukte, sondern auch Gold oder Kunst kaufen. Eppli sagt: "Jetzt lacht da keiner mehr."

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Quelle:
SZ vom 22.10.2016
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