Süddeutsche Zeitung

Stromindustrie:Kaum Interesse an Kohle im Osten

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Vattenfall erhält nur zwei Gebote für seine Braunkohle in der Lausitz.

Von Michael Bauchmüller und Varinia Bernau, Berlin

Das Interesse an der Braunkohlesparte des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall ist überschaubar: Lediglich die Czech-Coal-Gruppe des Milliardärs Pavel Tykac sowie die tschechische EPH-Gruppe legten jeweils ein verbindliches Gebot vor, wie am Mittwoch zum Ablauf der Bieterfrist bekannt wurde. Das tschechische Unternehmen CEZ, das in der Vergangenheit ebenfalls Interesse bekundet hatte, machte hingegen kein Angebot - und begründete den Schwenk mit dem zuletzt stark gesunkenen Strompreis im Großhandel. Der macht es schwer, mit Kohlekraftwerken Geld zu verdienen. Wie viel die Interessenten zahlen wollen, wurde nicht bekannt. Mit Blick auf den Wert der zum Verkauf stehenden Tagebaue und Kraftwerke, aber auch der daran geknüpften Verpflichtungen biete man faire Bedingungen, sagte EPH-Chef Daniel Křetínský lediglich.

Damit könnte sich der Verhandlungsspielraum für den Essener Steag-Konzern erhöhen: Der schlug Vattenfall eine privatrechtliche Stiftung mit dem Finanzinvestor Macquarie vor. Steag bietet dabei an, sich gegen eine feste Gebühr um die Kraftwerke zu kümmern. Allerdings verlangt das Essener Unternehmen dafür etwa zwei Milliarden Euro von Vattenfall, um die Risiken bei Rückbau und Rekultivierung abzufedern. Auch eine CEZ-Sprecherin betonte, man sei bereit zu Verhandlungen über andere Varianten einer Übernahme.

Unterdessen kommt auf die Käufer der Braunkohlesparte womöglich das nächste Problem zu: Die geplanten neuen Tagebaue in der Lausitz könnten sich nie verwirklichen lassen. Das legt ein juristisches Gutachten nahe, dass die Umweltrechtlerin Cornelia Ziehm für die European Climate foundation gefertigt hat. Demnach könnten Enteignungen, wie sie für den Aufschluss neuer Tagebau nötig sind, sich künftig nicht mehr rechtfertigen lassen. "Eine Enteignung kann nur durch ein Gemeinwohlziel von besonderem Gewicht gerechtfertigt werden", heißt es in dem Gutachten, das der SZ vorliegt. Ein solches Gemeinwohlziel gebe es aber in Zeiten von Klimaschutz und Energiewende nicht. Raumordnerische Pläne für neue Tagebaue müssten folglich aufgehoben werden, folgert das Gutachten. Damit aber entfiele für Investoren eine wesentliche Perspektive. Vattenfall plant derzeit zwei neue Tagebaue.

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Quelle:
SZ vom 17.03.2016
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