Süddeutsche Zeitung

Staatliche Hilfen für Arcandor:Hickhack in der Koalition

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Soll Arcandor mit Staatsgeld gerettet werden? Die SPD ist dafür, die Union eher dagegen. Und der Berliner Finanzsenator winkt bereits ab: kein Geld.

Gemeinhin gilt Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) nicht gerade als spendabel, doch für den angeschlagenen Karstadt-Mutterkonzern Arcandor schließt er staatliche Hilfen nicht aus.

Bei der Entscheidung über den Antrag von Arcandor auf staatliche Bürgschaften aus dem Deutschlandsfonds sei abzuwägen, wie der Zustand des Konzerns sei und wie das Unternehmen vor dem Stichtag 1. Juli 2008 dagestanden habe, sagte Steinbrück im "ARD-Morgenmagazin". "Das spielt beihilferechtlich eine erhebliche Rolle."

Arcandor -Chef Karl-Gerhard Eick will am Donnerstag vor dem Bürgschaftsausschuss in Berlin um die Hilfe für seinen Konzern werben. Wegen dieser Sitzung hatte Eick ein für diesen Mittwoch geplantes Treffen mit Metro-Amtskollege Eckhard Cordes abgesagt. Arcandor braucht eine Bürgschaft über 650 Millionen Euro.

Demo in Berlin

Steinbrück sagte im "ARD-Morgenmagazin", bei Arcandor hingen von einer staatlichen Hilfe mehr Arbeitsplätze ab als bei Opel. "Es sind über 50.000 Menschen, die davon betroffen sind." Er sei dafür, dass das Für und Wider einer staatlichen Bürgschaft "sehr solide" abgewogen werde.

Am Mittwochnachmittag wollen in Berlin tausende Beschäftigte von Arcandor staatliche Bürgschaften für ihren Arbeitgeber einfordern. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi rechnet mit 5000 Teilnehmern.

Karstadt-Gesamtbetriebsratschef Hellmut Patzelt wollte bis zu 250.000 Unterschriften von Bürgern und Kunden sammeln, die die Forderungen an die Regierung unterstützen.

Sehr zurückhaltende Äußerung

Berlins Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) ist gegen Staatshilfen für Arcandor. Wegen der knappen öffentlichen Haushalte dürften staatliche Rettungsschirme nur die Ausnahme sein, sagte Nußbaum in Berlin. Er fügte hinzu: "Wir haben in Berlin möglicherweise das Thema Arcandor auf der Tagesordnung. Ich habe mich in dieser Hinsicht sehr zurückhaltend geäußert und denke, dass Berlin es sich nicht erlauben kann, eine 100-Millionen-Bürgschaft für Arcandor bereitzustellen."

Nußbaum äußerte sich auf Nachfrage jedoch nicht dazu, ob es Anfragen des Konzerns beim Land Berlin gegeben habe. Der Senator war zu einem Vortrag bei der Berliner Industrie- und Handelskammer geladen.

Vor der möglichen Vorentscheidung über Staatshilfen für Arcandor sprach sich der Rivale Metro erneut gegen öffentliche Bürgschaften für den Kaufhauskonzern aus. Unterstützung könne es nur für Firmen geben, die durch die Finanzkrise in Schieflage geraten seien, sagte der Chef der Metro-Tochter Kaufhof, Lovro Mandac, der Süddeutschen Zeitung.

Aus der Regierungskoalition gab es zuletzt unterschiedliche Signale. Während die Union nach wie vor einer Hilfe für Arcandor ablehnend gegenübersteht, hatte neben Steinbrück auch der Vize-Kanzler und SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier vor einer voreiligen Absage gewarnt und darauf verwiesen, dass 50.000 Arbeitsplätze gefährdet seien.

Fusionspläne als Störfeuer

Mitten im Überlebenskampf von Arcandor hatte Metro die Idee einer Deutschen Warenhaus AG ins Spiel gebracht, in der Kaufhof und Karstadt zusammengeschlossen werden sollen. Eick betrachtet den Vorstoß zwar als Störfeuer, hatte sich Gesprächen darüber aber nicht verweigert.

Das Metro-Konzept sieht Medienberichten zufolge vor, dass sich Metro und die Karstadt-Vermieter mit je 49 Prozent an der Warenhaus AG beteiligen. Dem Handelsblatt zufolge halten die Karstadt-Vermieter aber wenig von diesen Plänen. "Es gibt keine Gespräche über eine Beteiligung an der geplanten Deutschen Warenhaus AG", wird aus Kreisen eines beteiligten Immobilienbesitzers zitiert.

Bedeckt zu den Überlebensaussichten von Arcandor hält sich die Touristiktochter und Ertragsstütze Thomas Cook. Cook-Chef Manny Fontenla-Novoa sagte der Financial Times Deutschland, er verfolge die Entwicklung "natürlich mit einer gewissen Sorge", beteilige sich aber nicht an Spekulationen über die Zukunft des Mutterkonzerns.

"Wir müssen uns jetzt auf unser operatives Geschäft konzentrieren, um unseren Beitrag zur Rettung von Arcandor zu leisten", sagte der Cook-Chef.

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