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Schuldenkrise in Griechenland:Wie Athen rechtzeitig Geld bekommt

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Trotz des im Bundestag gefassten Beschlusses fließen die Gelder nicht sofort - die Griechen müssen erst noch einige Bedingungen erfüllen. Der Internationale Währungsfonds knüpft sein Hilfsversprechen an eine Erhöhung der finanziellen Brandmauer in Europa. Dem wird Deutschland aber wohl nur im Gegenzug für weitere griechische Zusagen zustimmen.

Cerstin Gammelin, Brüssel

Dass es vieler kleiner Schritte bedarf, das griechische Drama zu überstehen, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel auf jedem der gefühlt einhundert Krisen-Gipfel der vergangenen zwei Jahre hinlänglich betont. Aber neuerdings fallen diese Worte auch woanders, dort, wo gern an großen Lösungen gearbeitet wird: in der Europäischen Kommission. Es seien wohl doch viele Schrittchen zu gehen, um zu Potte zu kommen, räumt ein Beamter am Montag ein - und fügt augenzwinkernd hinzu, er fühle sich mittlerweile beinahe wie ein deutscher Klon.

Zu dieser Erkenntnis hat ihn das zweite Hilfspaket für Griechenland gebracht, an dem seit acht Monaten - und immer noch - gearbeitet wird. Es soll 130 Milliarden Euro umfassen und über drei Jahre laufen. Hinzu kommen die nicht genutzten 24,4 Milliarden Euro aus dem ersten Hilfspaket und ein Schuldenerlass der privaten Banken von 107 Milliarden Euro. Um den Schuldenerlass abzuwickeln, sind für ein paar Monate weitere 35 Milliarden Euro nötig. Mit dem vielen Geld soll es Griechenland endlich gelingen, bis 2020 auf die Beine zu kommen.

Trotzdem drängt jetzt schon die Zeit. Am 20. März soll die erste Tranche ausgezahlt werden: 14,5 Milliarden Euro, um alte Schulden abzulösen. Dann müssen 30 Milliarden Euro an griechische Banken überwiesen werden, damit die den Schuldenerlass überstehen, ohne selbst pleitezugehen. Dann folgen 5,5 Milliarden Euro, um aufgelaufene Zinsen abzuzahlen. Und weitere 30 Milliarden Euro bekommen die Banken, um ihnen den Schuldenerlass zu versüßen.

Damit ist klar: Lange reichen wird das Geld wohl nicht. Aus Dokumenten der Euro-Länder geht bereits hervor, dass über die kommenden zehn Jahre weitere Pakete gepackt werden könnten. Auf genaue Zahlen will man sich nicht festlegen, aber es ist davon die Rede, dass der europäische Paketdienst für Griechenland mindestens weitere 50 Milliarden Euro transportieren könnte.

Doch jetzt wird erst einmal mit vielen Handgriffen das aktuelle Paket geschnürt. Er gehe davon aus, sagt der Beamte, dass die griechische Regierung bis zum Mittwoch ihre Hausaufgaben mache und die lange Liste bisher verschleppter Reformen endlich auf den Weg bringe.

Dass am Donnerstag die Finanzminister der 17 Euro-Länder, die dann in Brüssel tagen werden, diese abgearbeitete Liste bestätigen und den Staats-und Regierungschefs des Euro-Klubs grünes Licht geben können, dass alles seine Ordnung hat mit dem zweiten Rettungspaket. Diese wiederum treffen sich am Freitag dieser Woche in Brüssel am Rande des normalen EU-Gipfels zu einem extra Euro-Gipfel, auf dem sie - natürlich - auch über Griechenland reden.

Aber selbst wenn bis Freitag alles läuft wie geplant, ist nicht sicher, ob die 130 Milliarden Euro tatsächlich angezapft werden können. In der zweiten Märzwoche sind weitere heikle Konditionen zu erfüllen. Der Internationale Währungsfonds muss beschließen, mit welcher Summe er sich an den Hilfen beteiligt. Chefin Christine Lagarde hat die Zusage daran geknüpft, dass die Euro-Länder ihre finanzielle Brandmauer deutlich erhöhen - was Deutschland bisher kategorisch ablehnt.

Berlin werde sich wohl nur bewegen, wenn es weitere griechische Zusagen gebe, sagt ein EU-Diplomat. In Brüssel pokere man bereits darum, wer zuerst umfalle. Einer müsse es ja tun - damit Athen rechtzeitig Geld bekommt.

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SZ vom 28.02.2012
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