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Rückrufe von General Motors:GM wusste offenbar schon 1997 von Zündschloss-Problemen

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Unfälle, Tote und viele ungeklärte Fragen: Fast 30 Millionen Autos hat der US-Hersteller General Motors seit Jahresbeginn zurückgerufen. Jetzt belegen Dokumente, dass sich Kunden schon 1997 über defekte Zündschlüssel beschwert haben. Warum haben die Manager damals nicht sofort reagiert?

Von Thomas Fromm

New Jersey, April 1997: Insgesamt sieben Mal blieb die Autofahrerin mit Ihrem GM-Modell Malibu stehen. Der Schlüssel steckte fest, das Zündschloss bewegte sich nicht - nichts ging mehr. Zwei Mal wurde das Schloss ausgewechselt, aber es wurde nicht besser. "Ich kann nicht verstehen, wie drei verschiedene Zündschlösser gleichzeitig defekt sein können", schrieb die Kundin damals an den Hersteller General Motors.

17 Jahre später kann niemand verstehen, warum GM damals nicht auf die Hinweise seiner Kunden reagiert hat. Erst Anfang 2014 - nach mehreren tödlichen Unfällen - begann das Unternehmen, in größerem Stil Autos zurückzurufen. Aus Dokumenten der nationalen Straßen- und Fahrzeugsicherheitsbehörde NHTSA geht nun hervor, dass es immer wieder Briefe und Emails von Kunden gab, die Probleme meldeten.

Hat der Konzern geschlampt? Vertuscht? Oder die Gefahren einfach unterschätzt? Er könne heute nicht mehr sagen, was seinerzeit über die Modelle und ihre Probleme bekannt gewesen sei, sagt ein GM-Sprecher. Es ist nicht viel, was GM im Moment zur Aufklärung der Sache beiträgt.

Es geht um mehr als acht Millionen Autos, die deshalb zurückgerufen wurden.

Es geht um 29 Millionen Autos, die GM seit Jahresbeginn insgesamt zurückrufen musste.

Es geht um Unfälle mit mindestens 13 Toten.

Und es geht um die Frage: Warum hat der Konzern so spät reagiert?

GM veranschlagt Milliardenkosten, um Probleme zu beheben. Es dürfte auch Milliarden kosten, die Angehörigen der Opfer über einen eigens angelegten Fonds zu entschädigen. Wie viel genau, hängt davon ab, wie viele Entschädigungsklagen noch auf den Hersteller zurollen werden. Vor allem aber büßen die Amerikaner, zu denen auch der Rüsselsheimer Autobauer Opel gehört, täglich ein Stück Image und Glaubwürdigkeit ein. In Geld ist das kaum zu beziffern.

Betroffen sind viele Modelle, auch ältere Limousinen der Marken Chevrolet, Oldsmobile und Pontiac. "Wenn uns irgendein anderes Problem bekannt wird, werden wir angemessen und ohne Zögern handeln", sagte GM-Chefin Mary Barra neulich. Ihr geht es um das Vertrauen der Kunden, aber auch um die Glaubwürdigkeit des Managements. Erst vor ein paar Wochen hatte Barra, die erste Chefin eines großen Autokonzerns, gesagt: Die oberste Führungsriege sei unschuldig; interne Untersuchungen hätten ergeben, dass die Probleme sie gar nicht erreicht hätten. Irgendjemand aber muss von den Problemen schon damals gewusst haben. Nur wer?

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