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Ehemaliger Renault-Chef:Carlos Ghosn kommt frei

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Der in Japan inhaftierte Automanager Carlos Ghosn darf nun doch die Untersuchungshaft verlassen. Die Staatsanwaltschaft hatte am Dienstag zunächst gegen die Entscheidung des Bezirksgerichts in Tokio, Ghosn auf Kaution freizulassen, Einspruch erhoben. Doch ein französischer Anwalt Ghosns teilte später mit, der Einspruch der Staatsanwaltschaft sei abgewiesen worden.

Der Anwalt Jean-Yves Le Borgne wies aber darauf hin, dass Staatsanwälte versuchen könnten, weitere Anklagen gegen Ghosn zu erheben.Das Gericht hatte eine Kaution von einer Milliarde Yen (rund 7,9 Millionen Euro) festgelegt.

Ghosn sitzt seit dem 19. November in Untersuchungshaft in Tokio. Ihm wird unter anderem Untreue vorgeworfen. Die Staatsanwälte argumentierten, er könne möglicherweise Beweismaterial manipulieren oder versuchen, zu fliehen.

Ende Februar hatte der Automanager zum dritten Mal einen Antrag gestellt, gegen Kaution freizukommen. Sein Anwalt Junichiro Hironaka zweifelte die Gründe für Ghosns Festnahme an und bezeichnete den Fall als "sehr merkwürdig". Mit Blick auf die Aufmerksamkeit, die der Fall nicht nur in Japan, sondern weltweit erregt hat, erklärte er: "Das ist wichtig für die Geschichte und die Gesellschaft."

Der 64-jährige Ghosn, der Nissan vor der Pleite gerettet und zusammen mit Renault und Mitsubishi eine mächtige internationale Autoallianz geschaffen hatte, war wegen Verstoßes gegen Börsenauflagen festgenommen und später angeklagt worden. Zudem soll er laut Staatsanwaltschaft private Investitionsverluste auf Nissan übertragen haben. Ghosn beteuerte seine Unschuld und sprach vor Gericht von einem Komplott gegen ihn.

Die Zukunft der Auto-Allianz ist noch unklar

Nach wiederholt gescheiterten Anträgen auf Freilassung gegen Kaution hatte Ghosn kürzlich seinen japanischen Anwalt gewechselt. Daraufhin übernahm Hironaka seine Verteidigung. Dieser hat schon mehrmals prominente Angeklagte vertreten und häufig Freisprüche erreicht - in Japan eine Seltenheit, in der Regel werden Angeklagte auch verurteilt. Einen Termin für einen Prozess gegen Ghosn in Japan gibt es noch nicht. Bis dahin könnten noch Monate vergehen.

Nissan hatte Ghosn kurz nach der Verhaftung gefeuert. Bei Renault trat er später zurück. Auch der französische Konzern leitete Untersuchungen zu möglichen Unregelmäßigkeiten ein und will diese bis zum Frühjahr abschließen.

Wie das Auto-Bündnis mit dem japanischen Hersteller Nissan weitergeführt wird, ist noch unklar. In der Partnerschaft mit Renault sei es wichtig, dass jeder Eigenständigkeit besitze, sagte der neue Nissan-Chef Hiroto Saikawa jüngst. Eine übermäßige Machtanhäufung wie unter Ghosn müsse künftig vermieden werden.

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