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Rechnungsprüfer des EU-Haushalts:Fehler, die Milliarden kosten

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Die Förderung des Nichts: Jedes Jahr zahlt Brüssel unsinnige Milliarden an Fördergeldern. 2012 ist die Fehlerquote deutlich gestiegen. Die Rechnungsprüfer bemängeln: Die Regeln bei der Vergabe sind zu komplex.

Die Landwirtschaft liegt der Europäischen Union am Herzen. Deshalb fließen jedes Jahr Milliarden an Fördergeldern aus Brüssel in die EU-Staaten. Nicht immer zurecht, deckt der Europäische Rechnungshof auf. Da ist etwa ein Landwirt in Polen, der verspricht, einen Teil seiner Ackerfläche gefährdeten Vogelarten zur Verfügung zu stellen. Dafür erhält er 270 Euro pro Hektar. Tatsächlich mäht er aber dann doch die ganze Fläche - und für die Vögel bleibt kein Platz. Beispiele wie dieses gibt es viele. Einmal im Jahr stellen die Prüfer des Europäischen Rechnungshofs ihren Bericht vor. Der zeigt, wo EU-Gelder nicht gemäß den Vorschriften verwendet wurden ( PDF).

"Europas Bürger haben ein Recht darauf zu wissen, wofür ihre Gelder ausgegeben werden und ob sie ordnungsgemäß verwendet werden", sagte der Präsident des Rechungshofes Vitor Caldeira. "Außerdem haben sie ein Recht darauf zu wissen, ob damit ein Nutzen erbracht wird. Insbesondere in diesen Zeiten, in denen starker Druck auf den öffentlichen Finanzen lastet."

Für 2012 schätzen die Prüfer die Quote der falsch verwendeten Gelder auf fast fünf Prozent. Bei Gesamtausgaben von 138,6 Milliarden Euro wären das mehr als sechs Milliarden Euro. Nach Angaben von Caldeira sei die Quote damit im Vergleich zum vergangenen Jahr erneut gestiegen. 2011 waren es noch weniger als vier Prozent gewesen.

Die meisten Fehler passierten bei der Förderung des ländlichen Raumes. Wie solche Fehler aussehen können, zeigt das Beispiel der vernachlässigten Vögel in Polen. Deutliche Anstiege gab es aber auch in anderen Bereichen wie etwa "Beschäftigung und Soziales". Der Rechnungshof führt hier ein Beispiel aus Spanien an. Die Unternehmen dort haben für die Einstellung von Arbeitslosen Fördermittel erhalten. Eine Bedingung: Die neuen Mitarbeiter müssen mindestens drei Jahre im Konzern beschäftigt werden. Viele mussten aber schon früher wieder gehen - mehr als ein Drittel der Gelder wurden zu Unrecht ausgezahlt.

Auch fällt es offenbar nicht immer leicht, die genaue Beschaffenheit eines Geländes und damit dessen landwirtschaftliche Nutzbarkeit zu erkennen. So gab es einen deutlichen Anstieg der Fehlerquote im Bereich Landwirtschaft. In Spanien, Österreich und Portugal etwa, bemängeln die Prüfer, wurden Zahlungen für sogenanntes Dauergrünland geleistet. Dabei war der Boden teilweise steinig oder die Flächen von dichtem Wald bedeckt.

Caldeira betonte allerdings, dass fehlerhafte Ausgaben nicht mit Betrug oder Verschwendung gleichzusetzen seien. Die höchsten Summen gingen durch fehlerhafte Anwendung bestehender Vorschriften oder schlicht fehlendes Verständnis für komplizierte europäische Beihilferegeln verloren. Die Prüfer fordern deshalb, das Recht zu vereinfachen.

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