Süddeutsche Zeitung

Raumfahrt:Linienflug zur ISS

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Am Wochenende startet Space-X seinen Passagierverkehr zur Raumstation. Es ist ein Flug voller Premieren.

Von Dieter Sürig, München

Es ist eine Mission mit vielen Premieren: Beim ersten regulären Astronautenflug Crew-1 von Space-X zur Raumstation ISS am Samstagabend Florida-Zeit fliegen erstmals vier Astronauten in einer Kapsel mit: eine Nasa-Astronautin mit zwei ihrer Kollegen und ein japanischer Raumfahrer. Das Quartett startet mit einer Falcon 9 und soll fünfeinhalb Monate auf der ISS bleiben. Drei Mitglieder der neuen Expedition 64 sind bereits Mitte Oktober von Baikonur aus zur ISS gelangt, sodass sich dort ab Sonntag erstmals sieben Langzeit-Astronauten befinden, wie die Raumfahrtbehörde Nasa meldet. Ein Unsicherheitsfaktor bleibt jedoch: das Wetter. Derzeit zieht ein Tropensturm über den Norden Floridas hinweg, der Startplatz Cape Canaveral könnte am Rande betroffen sein.

Überraschend an der Mission ist die Absicht, dass Nasa-Astronaut Mike Hopkins, Kommandant der jetzigen Crew-1-Mission, auf der ISS zum ersten Astronauten der neuen US-Streitkraft Space Force vereidigt werden soll. Der 51-Jährige ist Colonel der Air Force, mit dem Akt solle die Verbundenheit der Nasa mit dem Verteidigungsministerium demonstriert werden, wie Hopkins der Presse sagte. Dabei wird es kaum bleiben. Welche Rolle die Space Force im All spielen wird, darüber spekuliert die Branche schon länger. In einem im Fachblatt Space News zitierten Papier verweist die Space Force darauf, dass die US-Interessen womöglich einst im Umfeld des Mondes verteidigt werden müssen.

Nun geht es aber erst einmal darum, einen sicheren privaten Liniendienst für Passagiere in den Erdorbit zu etablieren. Der Testflug im Frühjahr hat geklappt, künftig soll die Space-X-Kapsel Crew Dragon mehrmals im Jahr Astronauten und Privatleute zur ISS befördern - auch für US-Anbieter wie Space Adventures und Axiom. Prominentester Fluggast könnte im Oktober 2021 der Schauspieler Tom Cruise werden, um einen Film auf der ISS zu drehen. Der Termin ist aber noch nicht bestätigt.

Jahrelang mussten die Amerikaner Sitzplätze in der Sojus-Kapsel buchen, um Astronauten ins All zu bringen

Neben Space-X will auch der Boeing-Konzern Astronauten zur ISS fliegen. Der Testflug der Kapsel Starliner ohne Besatzung war allerdings im Dezember 2019 gescheitert, ein weiterer ist geplant. Auch Space-X ist vor Pannen nicht gefeit: Beim Start eines Satelliten gab es Anfang Oktober bei der Falcon-9-Rakete Probleme mit einem Gasgenerator. Daraufhin schoben Space-X und Nasa den jetzigen Crew-Flug, der für den 31. Oktober geplant gewesen war. Und wenige Wochen nach dem ersten passagierlosen Flug zur ISS war diese Crew Dragon im April 2019 bei Tests in Cape Canaveral am Boden explodiert.

Space-X' Crew Dragon und Boeings Starliner gehen aus dem "Commercial Crew Program" hervor, in dem Privatfirmen Zubringer zur ISS entwickeln sollten, um wieder Astronauten von Florida aus ins All bringen zu können. Nach dem Aus des Space Shuttle 2011 mussten die Amerikaner Sitzplätze in der Sojus-Kapsel der Russen buchen. Das jetzige Programm kostete die Nasa etwa 8,4 Milliarden Dollar. Bei einem Programm für Frachtflüge erhielten Space-X, Orbital und Sierra Nevada (Northrop Grumman) den Zuschlag. Crew Dragon ist nun das erste Nasa-zertifizierte Astronauten-Raumschiff seit dem Space Shuttle vor fast 40 Jahren.

Nasa-Chef Jim Bridenstine feiert denn auch die Kommerzialisierung der Raumtransporte. 2012 hätten die USA bei kommerziellen Starts noch null Marktanteil gehabt, mittlerweile "mehr als 70 Prozent". Auch Space-X-Direktor Benji Reed kann seinen Stolz nicht verbergen. "Wir fühlen uns geehrt, der nationale Start-Provider für Crew-Missionen zu sein", sagte er in einer Telefonkonferenz am Mittwoch. Der Crew-2-Flug ist für Ende März geplant.

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