Süddeutsche Zeitung

Patente auf Braugerste:Protest mit Blasmusik

Gut hundert Aktivisten machten vor dem Europäischen Patentamt in München ihrem Ärger Luft. Ihr Anliegen ist allerdings bierernst.

Von Silvia Liebrich

Beim Bier hört für viele der Spaß auf. Gentechnik oder Pestizide im Glas, das waren zuletzt die großen Aufreger. Nun steht neuer Ärger an. Ausgerechnet ein niederländischer und ein dänischer Konzern wollen der Deutschen liebstes Getränk in ihre Gewalt bringen, so die Furcht. Quasi aus den Hinterhalt und mit Schützenhilfe des Europäischen Patentamtes. Wenn das nicht ein Grund ist, mit Blasmusik und einem Wiesn-Brauereigespann vor der Münchner Niederlassung anzurücken. Gut hundert Aktivisten machten am Mittwoch mit bayrischer Gemütlichkeit ihrem Unmut Luft. Beim Musizieren blieb es freilich nicht, die Demonstranten hatten ein bierernstes Anliegen, die Übergabe eines Einspruchs gegen Patente auf Braugerste, wie sie die internationalen Braukonzerne Heineken und Carlsberg halten.

Aufgerufen zu dem Protest hat das Bündnis "Keine Patente auf Saatgut". Der Vorwurf der Kritiker: die Unternehmen würden sich mit Hilfe solcher Patente auf Braugerste den Brauvorgang sichern lassen. So könnten sie dann das fertige Bier als ihre Erfindung reklamieren. Unberechtigt ist die Kritik nicht, eigentlich sind Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen in der EU verboten. Ein Verbot, das jedoch in den vergangenen Jahren hundertfach umgangen wurde. Ende Juni wollen die EPA-Vertragsstaaten über ein Verbot von Patenten auf durch Kreuzung gezüchteten Pflanzen und Tiere beraten. Die Aktivisten befürchteten, der Gesetzentwurf erlaube weitreichende Ausnahmen, auch bei Braugerste - na dann Prost!

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Quelle:
SZ vom 08.06.2017
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