Süddeutsche Zeitung

Marokko:Ausgespäht und dann verhört

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Gegen den mutmaßlich vom marokkanischen Geheimdienst ausspionierten Investigativjournalisten Omar Radi ermitteln nun die Polizeibehörden des Landes. Radi will sich nicht einschüchtern lassen.

Von Max Muth

Nach der internationalen Berichterstattung über einen mutmaßlichen Spähangriff gegen ihn ist der marokkanische Investigativjournalist Omar Radi zum zweiten Mal binnen zwei Wochen stundenlang verhört worden. Marokkanische Klatschmedien hatten in den Wochen zuvor über Zahlungen berichtet, die der Journalist Radi aus dem Ausland bekommen haben soll. Die Nationale Brigade der Justizpolizei (BNPJ) wirft Radi nun im Zusammenhang mit diesen Zahlungen Spionage vor. Gegen Radi wird seiner Aussage zufolge wegen "Verdachts der Annahme von Mitteln ausländischer Quellen in Verbindung zu nachrichtendienstlichen Gruppen" ermittelt.

Der 33-Jährige gab sich nach der Befragung am Donnerstag kämpferisch. Er rief Medien und Zivilgesellschaft auf, den Staat und seinen repressiven Sicherheitsapparat zu verurteilen. Innerhalb eines Jahres sei er "angegriffen, verhaftet, verklagt, ins Gefängnis gesteckt und von der Presse verleumdet worden", und das alles nur, weil er seine Arbeit als Journalist gemacht habe.

Was konkret Radi vorgeworfen wird, ist wegen des laufenden Verfahrens nicht bekannt. Zahlungen aus dem Ausland wären für den Journalisten jedoch nicht ungewöhnlich. Radi ist auch für internationale Medien wie BBC, al-Jazeera und Le Monde tätig und hat immer wieder über Korruption, Landraub sowie die undurchsichtigen Verknüpfungen zwischen dem marokkanischen Königshof und der Wirtschaft berichtet.

Die SZ und weitere internationale Medien hatten vor rund zwei Wochen über einen mutmaßlichen Spähangriff auf Radis Handy mit der mächtigen Spionagesoftware "Pegasus" der israelischen IT-Firma NSO Group berichtet. Diese verkauft ihre Dienste eigenen Aussagen zufolge nur an staatliche Behörden zur Verbrechens- und Terrorismusbekämpfung. Auch die marokkanischen Behörden sollen Kunde von NSO gewesen sein. Die Regierung des Landes hat die Vorwürfe zurückgewiesen.

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