Österreich: Bankgründung:Geld ist gut
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Die Globalisierungskritiker von Attac sind eigentlich nicht gut auf Banken zu sprechen. Doch in Österreich wollen die Aktivisten nun selber ein Finanzinstitut gründen, das mit linken Idealen auf Kundenfang gehen soll. Eine Bank neu aufzubauen, ist allerdings ein finanzielles und rechtliches Abenteuer.
Caspar Dohmen
Christian Felber hat eine Vision. Es ist die Vision einer neuen Art von Bank, er sagt: "einer demokratischen Bank". Mit Geldhäusern hatte der 38-Jährige bis zur Finanzkrise nur als Kunde etwas zu tun. Jetzt gehört er, der Publizist und Mitgründer von Attac Österreich, zu den Initiatoren, die in der Alpenrepublik ein Kreditinstitut schaffen wollen, das "sozial verantwortlich arbeitet und ohne Zinsen auskommt". Christian Felber gründet eine Bank.
Man muss schon ziemlich lange suchen, bis man jemanden findet, der heutzutage im deutschsprachigen Raum eine Bank für Otto Normalverbraucher gründen will. In Deutschland, Österreich und der Schweiz gibt es kaum Platz für neue Universalbanken. "Bedarf gibt es immer wieder für Spezialisten", sagt André Ehlerding, Partner bei der auf Banken spezialisierten Unternehmensberatung ZEB. Fragt man ihn, wer zuletzt eine echte Marktlücke aufgetan hat, dann verweist er auf die Direktbanken.
Es ist auch gar nicht so einfach, eine Bank zu gründen. Heute braucht man dafür eine Lizenz. In Europa sind die jeweiligen Aufsichtsbehörden zuständig für die Genehmigung. Um die zu bekommen, muss ein potentieller Gründer zunächst genügend Eigenkapital nachweisen. In der Schweiz braucht man fünf Millionen Schweizer Franken, in den USA 15 Millionen Dollar einschließlich der bei der Notenbank zu hinterlegenden Sicherheitsreserve, in Österreich und Deutschland sind es fünf Millionen Euro.
Günstiger sind sogenannte Sonderformen: Für ein ausschließlich über das Internet agierendes elektronisches Geldinstitut reicht beispielsweise eine Million Euro Eigenkapital. Wer so viel hat, kann eine Banklizenz beantragen. Wer über das Geld nicht selbst verfügt, der kann es bei Aktionären oder Genossen einsammeln. Eine Sonderform sind Sparkassen, die als öffentlich-rechtliche Kreditinstitute nur von einer oder mehreren Kommunen, aber nicht von Privatpersonen gegründet werden können. Eine Rarität sind heute Privatbanken, bei denen die Gesellschafter persönlich haften. Ursprünglich war dies die dominierende Organisationsform im Bankgewerbe, heute gibt es nur noch wenige Institute, wie etwa das Bankhaus Metzler in Frankfurt oder Warburg in Hamburg.
Bei Attac bewerben sich schon Bank-Vorstände
Christian Felber und seine Mitstreiter wollen ihre Bank als Genossenschaft gründen. Tausend Interessenten haben sich innerhalb weniger Wochen bereit erklärt, einen Genossenschaftsanteil von tausend Euro zu zeichnen; ein Fünftel des notwendigen Eigenkapitals. "Wir gehen fix davon aus, dass der Rest auch noch kommt", sagt Felber. Es gebe auch schon die ersten Bewerbungen potenzieller Bankvorstände, dabei sei man noch längst nicht soweit.
Neben dem Eigenkapital ist das Personal die zweite Hürde, die man bei der Gründung einer Bank nehmen muss. Für die Führung eines Geldhauses braucht man zwei vollamtliche und nachweislich qualifizierte Geschäftsführer. Über die fachliche Eignung entscheidet die Finanzaufsicht. Die Gründer müssen die Aufsicht zudem von der Organisation überzeugen; dabei geht es um das Risikomanagement für das Kreditgeschäft wie um die Verhinderung von Geldwäsche. Keinesfalls muss eine neue Bank von vorneherein einer Sicherungseinrichtung der Banken beitreten. Ein Institut darf sich auf den gesetzlichen Risikoschutz von 50.000 Euro je Kunden beschränken.
Seit Ende der 1960er Jahre ist in Deutschland die Zahl der Banken gesunken. Mitte der Neunziger zählte die Finanzaufsicht in Deutschland noch 3785 Geldhäuser, heute sind es 2004. Man muss weit zurückgehen, um auf einen Gründungsboom bei Banken zu stoßen. Die meisten deutschen Institute sind in der Zeit der Industrialisierung entstanden, um Betriebe mit Kapital für den Aufbau ihrer Fabriken zu versorgen. Zur gleichen Zeit entstanden Sparkassen und Genossenschaftsbanken.
"Es gab einige Gründungswellen", sagt Stephan Paul, der an der Bochumer Universität den Bankenlehrstuhl innehat. So haben vor allem seit den 1940er Jahren Autokonzerne Banken gegründet, um Kunden eine Finanzierung ihrer Fahrzeuge bereit zu stellen. Heute bieten die Autobanken auch Tages- und Festgeldkonten an. In den 1960er Jahren gründeten viele Einzelhandelskonzerne Geldhäuser, zum Beispiel die CC-Bank oder die Quelle Bank. Ab den siebziger Jahren gab es dann die ersten grünen Kreditinstitute wie GLS, Ökobank und Umweltbank.
Für das letzte Jahrzehnt kann man keinen klaren Trend ausmachen. 448 Banken und Finanzdienstleister sind laut Statistik seit dem Jahr 2000 in Deutschland gestartet - eine Gründungswelle ist das aber trotzdem nicht. Denn bei zwei Drittel dieser Institute handelt es sich um Banken und Finanzdienstleister aus dem europäischen Ausland, die in Deutschland eine Filiale oder Zweigstelle eröffnet haben.
Unter den echten Neugründungen sind vor allem Spezialisten vertreten. So eröffnete der Technologiekonzern Siemens im Dezember 2010 eine Bank, um Finanzierungen für Großkunden bereitzustellen. In Wuppertal startete kürzlich die Etris Bank, die für andere Institute Bankdienstleistungen abwickelt. Unter den Neulingen der letzten Jahre finden sich auch viele Wertpapierabwickler oder Investmentbanken. Für breiteres Aufsehen sorgte die Gründung der Noa Bank im Jahr 2009. Deren Gründer versprachen als Antwort auf die Finanzkrise ein transparentes Geldgeschäft, hielten sich aber selbst nicht daran. Schon nach wenigen Monaten beendete die Finanzaufsicht das Neugeschäft; seitdem wird das Geldhaus liquidiert.
Geht es nach Christian Felber, so will er eine neue Bank für jedermann gründen. Überzeugen will er die Kunden mit selbst gesetzten Regeln: So soll die Bank - wenn es zur Gründung kommt -, Kredite nur in der Höhe von Spareinlagen ausgeben. Zudem soll jeder Bürger ein Girokonto bekommen.
Felber sieht einen Bedarf für eine andere Bank, die er als ein Modell für einen neuen Typus versteht. Das Institut soll eine "Basisbank für alle Kunden" werden und sich nicht wie andere alternative Banken auf eine Nische konzentrieren, sagt er. An der Umsetzung der Idee arbeitet ein 150-köpfiges Organisationsteam, darunter einige Banker. Wenn alles optimal läuft und die Aufsicht grünes Licht gibt, dann soll die neue Bank im ersten Halbjahr 2012 starten.
Linktipp: Attac Österreicht hat in dieser PDF-Datei beschrieben, wie sich die Aktivisten eine demokratische Bank vorstellen. Die Bank hat außerdem bereits eine Website: www.demokratische-bank.at.