Süddeutsche Zeitung

Ölpreis:1,50 Dollar für 159 Liter Öl

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Von Jan Willmroth

North Dakota, das war einst vor allem Prärie, nur wenige Seiten im Amerika-Reiseführer reichten aus, um die ausgedehnte Langeweile dort zu beschreiben. Dann kam die Fracking-Revolution, veränderte mit dem US-Bundesstaat gleich den weltweiten Ölmarkt - und das schon immer unbeliebte konventionelle, minderwertige Erdöl von dort ließ sich fortan noch schwieriger verkaufen.

Jetzt sorgt es aber wieder für Aufsehen: Der Ölpreissturz ließ den Wert der Sorte "North Dakota Sour" zuletzt fast auf Null sinken. Zumindest laut einer Preisliste des Raffineriebetreibers Flint HiIls Resources, der zum vergangenen Wochenende nur noch 1,50 Dollar für ein Fass (etwa 159 Liter) bot. Zunächst hatte das Unternehmen in einer fehlerhaften Liste sogar einen negativen Preis für das Öl geboten.

Von mehr als 100 Ölsorten stehen stets zwei im Mittelpunkt

Alle Welt redet darüber, wie günstig Öl wieder ist, mit zwischenzeitlich weniger als 28 Dollar pro Fass so billig wie seit mehr bald 15 Jahren nicht mehr. Dabei stehen stets zwei Sorten im Mittelpunkt: Brent, ein besonders hochwertiges Öl aus dem Meeresgrund der Nordsee, das als Referenzpunkt der Ölpreise auf dem Weltmarkt dient. Und WTI, eine alte, texanische Ölsorte, die als Richtwert für den US-Markt gilt.

Es gibt allerdings weitaus mehr Ölsorten unterschiedlicher Qualität - abhängig davon, wie leicht sie sich raffinieren und zu Zwischen- und Endprodukten verarbeiten lassen. Allein die Finanzagentur Bloomberg listet mehr als 100 Sorten auf. North Dakota Sour ist mit seinem hohen Gehalt an Sulfaten teuer zu verarbeiten - in manchen Raffinerien überhaupt nicht mehr - und beim aktuellen Überangebot kaum zu gebrauchen. Auch kanadische Ölsande kosteten teilweise bereits unter zehn Dollar.

Das Öl ist günstig - und kann wohl noch günstiger werden

Und das Zuviel an Erdöl wird so schnell nicht mehr verschwinden. Die Internationale Energieagentur (IEA), eine Kooperationsplattform von Industrieländern im Bereich der Energietechnologien, warnte in ihrem monatlichen Ölmarkt-Report, der Ölmarkt könne "im Überangebot ertrinken". Für die normalerweise überwiegend technisch-spezielle Publikation ist das eine ziemlich drastische Formulierung.

Als Gründe nennt die IEA einerseits das schon lang anhaltende Überangebot, entstanden durch eine hohe Ölförderung in Opec-Ländern wie Saudi-Arabien. Mit der Aufhebung der Sanktionen gegen Iran steht ein weiteres Opec-Mitglied bereit, wieder mehr Öl zu exportieren. Dabei sind die Lagerstätten weltweit schon bis an den Rand gefüllt - und werden derzeit nach Kräften erweitert.

Andererseits habe der in den ersten Wochen milde Winter in Japan, Europa und den USA zu einer die weltweite Nachfrage geschwächt. Schlechtere Wachstumsaussichten in China, Brasilien und Russland und weiteren rohstoffabhängigen Staaten hätten die Ölnachfrage im letzten Quartal 2015 deutlich reduziert. 2016 dürfte das dritte Jahr werden, schreibt die IEA, in dem im Markt das Angebt die Nachfrage übersteige.

Kann denn Öl jetzt noch viel günstiger werden? Die IEA meint: aus heutiger Sicht auf jeden Fall. Es gebe klare Anzeichen für eine lange Periode niedriger Preise, schreiben die Ölmarkt-Experten im Monatsbericht. Schwache Wachstumsaussichten in den Schwellenländern könnten für eine schwächer steigende Nachfrage sorgen; der im Vergleich zu vielen Fremdwährungen starke Dollar dürfte - zumal Öl in Dollar gehandelt wird - einen dauerhaften Anstieg der Ölpreise weiter hinauszögern.

Tanken bleibt also günstig.

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