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Nachfolger von Robert Zoellick:USA wollen Mediziner als Weltbank-Chef

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Wer führt die Geschäfte der Weltbank? Die Entwicklungsländer wollen einen eigenen Kandidaten, doch die USA machen einen überraschenden Kompromissvorschlag: Jim Yong Kim soll an die Spitze der Weltbank rücken. Der Gesundheitsexperte mit koreanischen Wurzeln hat Erfahrung mit der Armutsbekämpfung in Schwellenländern - und er kann rappen.

Die Weltbank soll die Armut in der Welt bekämpfen, mit den Mitteln der Ökonomie. US-Präsident Barack Obama setzt nun auf einen Mediziner, der die Institution dem Willen der USA nach leiten soll. Obama schlägt Jim Yong Kim für den Posten vor, einen Gesundheitsexperten.

Es ist eine überraschende Wahl. Kims Name fiel bei den Spekulationen, wer dem scheidenden Präsidenten Robert Zoellick nachfolgen könnte, bisher kaum. Zoellick hatte Mitte Februar seinen Rückzug angekündigt.

Mit der Wahl von Kim möchten die USA ein Signal an die Entwicklungs- und Schwellenländer senden. Die kritisieren, dass die Vereinigten Staaten die Weltbank dominieren. Der in Korea geborene Kim wäre nicht nur der erste Weltbank-Präsident mit asiatischen Wurzeln, sondern auch der erste, der sich in seinem bisherigen Berufsleben tatsächlich hauptsächlich gegen Armut engagiert hat, urteilt der Washington-Post-Reporter Fred Hiatt, ein Freund von Kim.

Kim ist seit 2009 Präsident der US-Elite-Uni Dartmouth, früher war er Dozent in Harvard. Studenten erzählen, dass er einer jener Professoren ist, die sie am meisten inspiriert hätten. Kim hat Erfahrungen mit internationalen Organisationen und mit der Arbeit mit Schwellenländern. Er leitete die HIV-Abteilung der Weltgesundheitsorganisation WHO.

2006 wählte ihn das Magazin Time unter die 100 einflussreichsten Personen des Jahres, weil er in armen Ländern erfolgreich gegen Tuberkulose kämpfte und notwendige Medikamente billiger machte.

Der US-Favorit ist der aussichtsreichste Anwärter

Ende Juni hört Amtsinhaber Zoellick bei der Weltbank auf. Potentielle Nachfolger müssen bis diesen Freitag nominiert werden. Die Entscheidung für den neuen Präsidenten trifft der Verwaltungsrat der Entwicklungsorganisation. Hier sind die Stimmrechte der 187 Mitgliedsstaaten gemäß ihrer Kapitaleinlage verteilt. Deutschland ist mit einem Anteil von 4,89 Prozent viertstärkstes Land. Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel hatte zuletzt betont, dass Deutschland den US-Kandidaten unterstützen werde.

Die USA haben den größten Stimmenanteil und können zudem der Unterstützung Japans und der europäischen Länder sicher sein. Niemand rechnet damit, dass sich die Europäische Union Obama verweigern wird, nachdem die USA die europäische Kandidatin Christine Lagarde beim IWF unterstützt hatten. In der Vergangenheit galt stets die ungeschriebene Regel, dass die Weltbank von einem Amerikaner und der Internationale Währungsfonds (IWF) von einem Europäer geführt wird.

Weitere Kandidaten aus Afrika und Südamerika

Doch die Entwicklungsländer hatten bei der Zoellick-Nachfolge überraschend deutlich ihren Führungsanspruch angemeldet. Die Mehrheit der afrikanischen Staaten, angeführt von Südafrika, nominierte die nigerianische Finanzministerin Ngozi Okonjo-Iweala, hieß es in Kreisen der Organisation. Von den Ländern Lateinamerikas werde möglicherweise der frühere kolumbianische Finanzminister José Antonio Ocampo nominiert.

Der Entwicklungsökonom Jeffrey Sachs von der Columbia-Universität hatte sich selbst ins Gespräch gebracht, wird derzeit aber wohl nur von Bhutan, Kenia und Malaysia sowie einigen Entwicklungsländern unterstützt.

Linktipp: Kims Fähigkeiten als Uni-Direktor gehen über die reine Lehre hinaus - er rappt auch mit seinen Studenten. Die New York Times hat einen Auftritt aufgestöbert, bei dem Kim mit "Time of my Life" auftritt.

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