Süddeutsche Zeitung

Mietrecht:Heikle Frage

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Wer zahlt die Instandhaltung, wenn eine Wohnung unrenoviert vermietet wurde? Das soll der BGH nun entscheiden.

Von Wolfgang Janisch, Karlsruhe

Der Streit um die Renovierung einer Wohnung gehört unter all den Konflikten, die sich zwischen Mietern und Vermietern entzünden können, zu den Klassikern. Doch trotz der vielen Urteile, die sich über die Jahre angesammelt haben, sind noch nicht alle Fragen geklärt. An diesem Mittwoch hat der Bundesgerichtshof (BGH) über ein Thema verhandelt, das gar nicht so wenige Mieter betreffen dürfte: Wer ist eigentlich zu diesen sogenannten Schönheitsreparaturen verpflichtet, wenn die Wohnung bei Einzug unrenoviert war? Mieter oder Vermieter?

In den beiden Fällen geht es um Berliner Wohnungen, die jeweils unrenoviert vermietet wurden - die eine im Jahr 2002, die andere sogar 1992. Weil die Räume im Laufe der Jahrzehnte ziemlich heruntergekommen waren, forderten die Mieter eine Renovierung auf Kosten des Vermieters. Zwar enthielten die Mietverträge Klauseln, wonach eigentlich die Mieter selbst dazu verpflichtet sein sollten, allerdings waren diese in beiden Fällen rechtlich unwirksam. Aus Sicht der Mieter sollte damit die gesetzliche Regel zum Zug kommen, wonach der Vermieter die Wohnung in einem "vertragsgemäßen Zustand" halten muss. Einer forderte Malerarbeiten, der andere einen Vorschuss von mehr als 7000 Euro. Beide Fälle gingen zum Landgericht Berlin, das sich einmal für, einmal gegen die Renovierungspflicht entschied.

Die heikle Frage in der Verhandlung war: Was ist der "vertragsgemäße Zustand" einer als "nicht renoviert" vermieteten Wohnung? Müsste der Vermieter dafür sorgen, dass sie wieder aussähe wie am Tag eins - also unrenoviert? Oder muss er die Räume doch richtig schön machen, mit der Folge, dass der Mieter dann mehr hätte als am Beginn des Mietvertrags?

Der achte Zivilsenat war sichtlich um eine praktikable Lösung bemüht. "Wenn man einen Maler dransetzt, dann sollte er das richtig machen", sagte die Senatsvorsitzende Karin Milger. Ihr schwebt daher eine Kompromissmodell vor: Wenn sich eine Wohnung nach vielen Jahren der Nutzung wesentlich verschlechtert hat, dann soll der Mieter eine Renovierung verlangen können - aber nur, wenn er sich selbst an den Kosten beteiligt. Milger sprach von der "goldenen Mitte", ähnlich wie bei einem Vergleich, zu dem sich die Beteiligten von selbst durchringen. Halbe-halbe zum Beispiel. Dass dies ein neues Feld für endlose Streitigkeiten unter Einsatz von Sachverständigen eröffnen würde, glaubt die Richterin nicht. "Wir meinen nicht, dass es zu hunderttausenden Prozessen käme." Eine deutliche Verschlechterung setze eine erheblichen Zeitablauf voraus, Mieter könnten nicht bereits kurz nach dem Einzug eine Renovierung fordern. Und weil sie sich ja selbst an den Kosten beteiligen müssten, würden sich die Klagen vermutlich in Grenzen halten. Ein Urteil wird am 8. Juli verkündet.

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Quelle:
SZ vom 02.07.2020
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