Süddeutsche Zeitung

Metro:Vor dem Realitätscheck

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Wie es nach der gescheiterten Übernahme weitergeht.

Von Michael Kläsgen, München

Das genaue Ergebnis des freiwilligen Übernahmeangebots von Daniel Křetínský für den Handelskonzern Metro wird erst am Freitagnachmittag offiziell feststehen. Trotzdem gibt der tschechische Milliardär bereits an diesem Donnerstagmittag, kurz nach Ablauf der Übernahmefrist, eine Pressekonferenz. Das kann nur eines bedeuten: Křetínský weiß, er ist gescheitert, vorerst jedenfalls, und plant die nächsten Schritte. Der erste könnte sein: Erst einmal den Stecker ziehen, nicht für alle Ewigkeit, aber so lange, bis die Altaktionäre einsehen, dass ihre Forderungen aus seiner Sicht überzogen waren. Und solange wird er an den gut 17 Prozent festhalten, die er bereits hat, plus der Option, weitere 15,2 Prozent vom verkaufswilligen Altaktionär Haniel zu kaufen.

Die unwilligen Altaktionäre Beisheim und Meridian, die im Pool etwa 20,6 Prozent der Anteile halten, lehnen derzeit sein Angebot ab, 16 Euro je Stammaktie zu zahlen. Sie wollen angeblich mehr als 17 Euro je Aktie. Aber ihr Interesse gilt wohl vor allem den jährlichen Dividenden-Ausschüttungen. Diese zahlte Metro zuletzt verlässlich, und zwar weitgehend unabhängig vom Aktienkurs und von der Ertragskraft des Konzerns.

Für den stetigen Fluss sorgte mit seinem Vorschlagsrecht maßgeblich einer: Konzernchef Olaf Koch. Er war und ist bei Beisheim und Meridian daher wohlgelitten. Bei einem Verkauf an Křetínský stünden sie vor der Frage: Wo sollen wir unser Geld sonst anlegen, wenn wir einen ähnlich sorgenfreien und stetigen Geldfluss haben wollen? Daher pokerten sie. Křetínský will ja was von ihnen und nicht umgekehrt.

Wenn der sich jetzt aber erst mal zurückzieht, könnte der Kurs weiter einbrechen und auf ein Niveau ohne Übernahmespekulation sinken, sozusagen auf den realen Wert von Metro. Das wird sich in den nächsten Tagen zeigen. Schon am Mittwoch tendierte er unter 14 Euro. Beisheim und Meridian könnte das zur Einsicht bringen. Der von ihnen erhoffte Kurs von 17 Euro plus wäre wohl nur in erreichbarer Nähe, wenn es Koch endlich gelänge, die Lebensmittelkette Real und das China-Geschäft zu verkaufen. So lange könnten alle Aktionäre stillhalten. Die Folge: Wer sich zuerst bewegt, hat verloren - wie beim Mikado.

Die Gefahr ist nur: Wenn sich die widersprüchlichen Interessen der Aktionäre verstetigen, könnte es zu einer anhaltenden Blockadesituation kommen. Jeder wartet dann darauf, dass der andere zuerst handelt. Es entstünde das Gefangenendilemma, zum Leidwesen des Konzerns.

Am einfachsten wäre es, Beisheim und Meridian überließen Křetínský die Kontrolle, und er garantierte ihnen im Gegenzug einen fortwährenden Geldsegen. Er könnte aber irgendwann auch ein Pflichtangebot zu einem viel niedrigeren Preis machen.

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Quelle:
SZ vom 08.08.2019
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