Süddeutsche Zeitung

Medienindustrie:Familien-Bande

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James Murdoch übernimmt die Führung des Konzerns von seinem Vater. Die Beiden sind sich ähnlich, zu ähnlich?

Von Caspar Busse, München

Rupert Murdoch, 84, ist ein reicher Mann, in vielerlei Hinsicht: Sechs Kinder aus drei Ehen hat der Multimilliardär, der aus zwei kleinen Zeitungen in Australien, die er 1952 von seinem Vater geerbt hatte, einen der größten Medienkonzerne der Welt gemacht hat. Nun bereitet der Alte seinen schrittweisen Rückzug vor - und macht Sohn James zu seinem Nachfolger. Schon in den kommenden Wochen soll der Verwaltungsrat von 21st Century-Fox den 42-Jährigen zum neuen Vorstandschef machen - es ist der vorläufige Höhepunkt einer Karriere mit heftigen Auf und Abs.

Kurze Haare, sportliche Figur, Brille, sehr zurückhaltender Auftritt - auf den ersten Blick wirkt James Murdoch noch jünger als er ist. Er war immer die große Hoffnung seines Vaters. Dieser sei offensichtlich stolz auf seinen jüngsten Sohn (nach James folgen noch zwei deutlich jüngere Töchter mit seiner dritten Ehefrau Wendi Deng), schrieb einmal Biograf Michael Wolff. Die beiden würden sich nicht nur äußerlich ähneln, beide seien sehr selbstbewusst und zielstrebig, wirkten unnahbar und kontrolliert. Manche sagen auch, zu ähnlich. Der Sohn ist jedoch liberaler als der konservative Vater. Angeblich scheue sich James nicht, dem Alten gelegentlich auch mal die Meinung zu sagen und andere Wege zu gehen, was auch zu Differenzen führt.

Kein Uni-Abschluss, sondern eine Plattenfirma gegründet - früher war er ein Rebel

Das fängt schon sehr früh an. James, geboren in London, studiert nach dem Highschool-Abschluss 1991 in Harvard zunächst Film und Geschichte, geht dann aber ohne Abschluss ab. Er ist damals ein Rebell mit diversen Piercings, will kurzzeitig Archäologe werden und gründet dann mit zwei Freunden die Hip-Hop-Plattenfirma Rawkus. Ein Erfolg wird die nicht, 1996 kauft Vater Rupert das Unternehmen. James kommt ins Unternehmen, er geht nach Hongkong und wird schon 2003 Chef des britischen Bezahlsenders BSkyB, gegen den Widerstand vieler, die ihn für viel zu jung für den Job hielten.

James setzt sich durch und wird schließlich mit der Verantwortung für das operative Geschäft des väterlichen News-Konzerns betraut. Schon damals gilt er als Kronprinz, doch 2011 erlebt er einen schweren Rückschlag. In Großbritannien fliegt ein Abhörskandal auf, in den die Londoner Murdoch-Blätter tief verstrickt sind. Für die ist James zuständig. Die Wochenzeitung News of the World wird eingestellt. Vater und Sohn müssen gemeinsam vor einem Ausschuss des britischen Parlaments aussagen. Ein Abgeordneter bezeichnet ihn damals gar als "Mafia-Boss, der eine kriminelle Organisation führt". Es ist der Tiefpunkt. James gibt seine Ämter auf, zieht sich nach New York zurück und meidet fortan Auftritte in der Öffentlichkeit. Seine Karriere scheint zu Ende. Doch im März vergangenen Jahres kommt er zurück. Zusammen mit seinem Bruder Lachlan wird er wieder in die Konzernführung berufen. Die Familie Murdoch kontrolliert nur 15 Prozent der Aktien und 40 Prozent der Stimmrechte, hat damit aber das Sagen. Nun wird James neuer Chef, Bruder Lachlan wird Co-Verwaltungsratsvorsitzende, neben Vater Rupert - alles bleibt also in der Familie.

James interessiert sich vor allem für digitale Themen und neue Technologien. Für klassische Zeitungen, die große Leidenschaft seines Vaters, hat er nur wenig übrig. Ohnehin wurde das Geschäft, zu dem weltweit etwa 170 Zeitungen darunter das Wall Street Journal, die Times und Sun gehören, bereits abgespalten und wird inzwischen von Robert Thomson, einen Vertrauten von Rupert Murdoch, geführt. Der Rest des Medienkonzerns heißt jetzt 21st Century Fox und umfasst vor allem das Kino-, Kabel- und Fernsehgeschäft mit 32 Milliarden Dollar Umsatz. Dazu gehört auch der deutsche Bezahlsender Sky Deutschland, bei dem James Murdoch mal Aufsichtsratschef war.

Wann der Übergang erfolgt, ist noch unklar. Aber James will das Unternehmen in eine digitale Zukunft führen. Die, die mit ihm eng zusammen gearbeitet haben, schwärmen von seinen Visionen und seiner Durchsetzungskraft. Zunächst muss er sich aber noch seinem Vater unterordnen. Denn der hält die Fäden nach wie vor in der Hand -noch.

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Quelle:
SZ vom 13.06.2015
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