Süddeutsche Zeitung

Lkw-Maut für Bundesstraßen:Zur Kasse bitte

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Noch ist das Befahren von Bundesstraßen für LKW kostenlos, doch das soll sich bald ändern. Nach zähen Verhandlungen haben sich der Bund und Toll Collect auf eine Ausweitung der Maut verständigt. Ab 1. August müssen Spediteure für die Nutzung von insgesamt 1000 Kilometern Bundesstraße blechen. Der Bund verspricht sich zusätzliche Einnahmen in Höhe von 100 Millionen Euro.

Michael Bauchmüller

Es gibt in diesem Land Autobahnen, die finden sich auf keiner Straßenkarte. Etwa die A 36, einmal quer durch Niedersachsen und Sachsen-Anhalt. Nie gehört? Kein Wunder!

Geplant eigentlich als West-Ost-Verbindung von Hameln bis nach Wolfen, wurde die A 36 nie gebaut. Stattdessen errichtete der Bund große Teile der Strecke als Bundesstraße - eine sogenannte "gelbe Autobahn". Mehr als 80 Kilometer führen von Goslar bis zur Autobahn A 14 bei Magdeburg - als B 6n. Zweispurig, mit Pannenstreifen, nur eben mit gelben Schildern. Und für schwere Lastwagen völlig kostenlos.

Das soll sich vom 1. August an ändern. Nach zähen, monatelangen Verhandlungen haben sich der Bund und das Maut-Konsortium Toll Collect auf eine Ausweitung der Maut verständigt. Insgesamt 1000 Kilometer Bundesstraßen sollen dann für Lastwagen die gleiche Straßengebühr kosten, zusätzlich zu rund 12.800 Kilometern Autobahnen, für deren Nutzung Spediteure jetzt schon zahlen müssen.

Insgesamt 81 Abschnitte unterfallen damit künftig der Gebühr, davon allein 14 in Hessen, weitere 13 in Bayern. Allerdings sind die Strecken meist kürzer als die vermeintliche A 36. Manches Teilstück ist nur gut vier Kilometer lang. Zusätzliche Einnahmen: rund 100 Millionen Euro. Abzüglich von Kosten für System und Betreiber bleiben gut zwei Drittel beim Bund - für den Straßenbau.

Dabei werden weit weniger Abschnitte der Maut unterworfen als ursprünglich geplant. In Frage gekommen wären rund 2000 Kilometer Bundesstraßen - zu viel für die Speicherkapazität der sogenannten On-Board-Units , kurz Obu. Das sind jene kleinen Kästen, die per Satellit melden, wenn ein Lastwagen eine mautpflichtige Strecke befährt.

"Der Bund hatte 2002 eine Maut nur für Autobahnen bestellt", heißt es bei der Betreiberfirma Toll Collect. "Entsprechend sind die Obus dimensioniert." Per Update werden sie nun auf das neue Streckennetz vorbereitet. Ziel sei es auch, mehr Lkws zu erfassen, die auf gut ausgebaute Bundesstraßen ausweichen, sagt Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). "Das ist auf jeden Fall ein Beitrag dazu."

Mobile Kontrollen sind geplant

Neue Mautbrücken, wie sie in den vergangenen zehn Jahren entlang der Autobahnen errichtet wurden, seien für die Ausweitung nicht nötig, heißt es im Verkehrsministerium. Deren Kameras gleichen, sofern sie überhaupt scharf geschaltet sind, die Daten von Lastwagen auf der Autobahn mit denen ab, die per Satellit gemeldet werden. Das soll sicherstellen, dass auch jeder Lkw seine Maut entrichtet. Entlang der Bundesstraßen sollen dafür nun mobile Kontrollen zum Einsatz kommen. Sie ließen sich vorübergehend an jeder beliebigen Brücke installieren und erfüllten den gleichen Zweck, heißt es im Ministerium.

Ohnehin scheint sich das Verhältnis zwischen Bund und Mautbetreiber in den letzten Monaten nicht gebessert zu haben. Angespannt ist es schon seit Jahren, schließlich streitet die Bundesregierung mit den Konsorten Telekom und Daimler Financial Services darüber, wer für die verspätete Einführung des Systems haftet. Der Bund fordert dafür mehr als fünf Milliarden Euro Schadenersatz. "Wir haben nicht den Eindruck, dass die Gegenseite an einem schnellen Vergleich interessiert ist", sagte Ramsauer am Mittwoch. Dabei lägen "alle Fakten von allen Seiten beleuchtet auf dem Tisch".

Bund schreibt Mautsystem neu aus

Derweil bereitet der Bund die erneute Ausschreibung des Mautsystems vor. Die Verträge mit Toll Collect enden im August 2015, eine Verlängerungsoption will der Bund offenbar nicht nutzen. Dreimal hätte er die Verträge um je ein Jahr verlängern können, also bis 2018. Stattdessen sucht das Verkehrsministerium nun nach Beratern für das neue Ausschreibungsverfahren.

Dieses solle "technologieoffen" bleiben, sagt Ramsauer. In der Ausschreibung für den Beratervertrag liest sich das noch deutlicher. Gefragt sei, heißt es da, "Unterstützung des Bundes bei der Ausgestaltung des Übergangs vom alten auf das neue Mautsystem".

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Quelle:
SZ vom 16.02.2012
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