Süddeutsche Zeitung

Lebensmittel:Wegwerfverbot in Frankreich

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Jährlich werden Tausende Tonnen Lebensmittel in Europa weggeschmissen. Dagegen geht die französische Regierung nun vor - und gibt Supermärkten genaue Vorgaben, was sie mit Resten zu tun haben.

Von Korbinian Eisenberger und Silvia Liebrich, München

Es ist wohl eine der sinnfreiesten Praktiken dieser Zeit, dass Supermärkte essbare Lebensmittel tonnenweise in den Müll werfen, während andernorts Menschen verhungern. Zu dieser Überzeugung ist nun jedenfalls das französische Parlament gelangt: Frankreichs Großhändler dürfen künftig keine Nahrungsmittel mehr wegwerfen oder unbrauchbar machen, so der einstimmige Beschluss am Donnerstagabend. Stattdessen sollen unverkaufte Lebensmittel gespendet oder anderweitig verwendet werden. Eine Regelung, die nicht alle Händler trifft: Kleinere Geschäfte dürfen Gemüse und Fleisch weiter in die Tonne werfen.

Es sei "skandalös", so ein Abgeordneter, dass Geschäfte mitunter sogar Chlor über die Mülleimer kippen, um zu verhindern, dass sich jemand daran bedient. Diese Strategie ist Supermärkten mit einer Fläche von über 400 Quadratmetern künftig verboten. Unverkaufte Ware muss gespendet, als Tiernahrung genutzt oder kompostiert werden. Großhändler werden verpflichtet, ein Abkommen mit einer karitativen Organisation für Lebensmittelspenden zu schließen. Zudem soll der richtige Umgang mit Lebensmitteln Schulfach werden.

Der Handel kritisierte die Maßnahmen bereits. Die Regelung würde ihr Ziel verfehlen, heißt es. Großhändler seien lediglich für fünf Prozent der verschwendeten Nahrungsmittel verantwortlich. Zudem seien Supermärkte ohnehin bereits die Hauptspender für Hilfsorganisationen.

Tatsächlich: Die größten Verschwender sind die Verbraucher selbst. Jeder Franzose wirft jährlich 20 bis 30 Kilo Lebensmittel weg - ein Gesamtwert von 12 bis 20 Milliarden Euro. Mit ihrer Maßnahme, hofft Umweltministerin Ségolène Royal, soll sich dies ändern. Ihr Ziel ist es, die Lebensmittelverschwendung der Franzosen bis 2025 zu halbieren.

In Deutschland gibt es kein vergleichbares Gesetz. Größter Abnehmer von unverkaufter Supermarkt-Ware sind Tafeln, die das Essen an sozial Schwache verteilen. Dennoch landen hier jedes Jahr elf Millionen Tonnen Lebensmittel im Wert von 25 Milliarden Euro auf dem Müll. Ein Großteil ist nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums noch essbar. Insgesamt sorgt jeder Deutsche pro Jahr für 82 Kilogramm weggeworfenes Essen.

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Quelle:
SZ vom 23.05.2015
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