Süddeutsche Zeitung

Konsum:Wofür die Deutschen ihr Geld ausgeben

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Von Benedikt Müller, München

Ja, es gibt diese Menschen noch, die über alle Einnahmen und Ausgaben ihres Lebens sorgsam Buch führen. Tausende Familien pflegen ihr Haushaltsbuch sogar ganz offiziell, im Auftrag des Statistischen Bundesamtes. Es sind unterschiedlich große Haushalte, aus allen Regionen und Einkommensklassen. Anhand dieser Stichprobe rechnen die Statistiker jährlich hoch, wie viel Geld ein durchschnittlicher Haushalt in Deutschland einnimmt - und wofür er es ausgibt. Am Montag hat das Bundesamt die Zahlen für das Jahr 2015 veröffentlicht.

Demnach bleiben dem Haushalt im Durchschnitt 3218 Euro pro Monat übrig, nachdem er seine Steuern und Sozialabgaben bezahlt hat. Davon konsumiert er Waren und Dienstleistungen für 2391 Euro. Den größten Teil gibt die repräsentative Familie fürs Wohnen aus: Die Quote liegt konstant bei knapp 36 Prozent, dürfte regional aber sehr unterschiedlich ausfallen. Zwar sind die Mieten im Jahr 2015 gestiegen. Dafür sind die Ausgaben für Energie um fünf Prozent zurückgegangen, dank günstiger Öl- und Gaspreise.

"Der stark gesunkene Ölpreis hat die Kaufkraft entscheidend angehoben", sagt Simon Junker, Konjunkturforscher des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin. Laut der Konsumstatistik hat der durchschnittliche Haushalt zehn Prozent weniger Geld fürs Tanken ausgegeben. Im Gegenzug sind die Kosten für Lebensmittel, Freizeit sowie - besonders stark - für Gesundheit gestiegen. Fünf Prozent mehr Geld gab die repräsentative Familie in Gaststätten aus. Hier dürfte sich der Mindestlohn bemerkbar machen, der seit 2015 bundesweit gilt - und die Preise im Gastgewerbe steigen ließ.

Der Konsum treibt das Wirtschaftswachstum an

"Die höheren Konsumausgaben sind vor allem dem starken Arbeitsmarkt zu verdanken", sagt Ökonom Junker. Viele Unternehmen haben im Jahr 2015 neues Personal eingestellt; die Reallöhne sind gestiegen. "Dieser Effekt ist auch 2016 kräftig ausgefallen." Dass die Kauflaune in Deutschland zurückgeht, sei frühestens für dieses Jahr zu erwarten. Denn nun fällt der Sondereffekt des billigen Öls weg.

Bis dahin treibt der Konsum das Wirtschaftswachstum an. Schließlich machen die privaten Ausgaben 53 Prozent der hiesigen Wirtschaftsleistung aus. Im Jahr 2015 sind die Ausgaben um knapp zwei Prozent gestiegen, wenn man die Inflation heraus- rechnet. Pro Haushalt fällt das Plus kleiner aus, weil auch die Anzahl der Haushalte gestiegen ist. "Ein dynamischer privater Konsum schlägt sich direkt im gesamten Wachstum nieder", sagt DIW-Forscher Junker.

Und was ist mit den übrigen Hunderten Euro passiert, die der durchschnittliche Haushalt nicht konsumiert? Die investiert er in die private Altersvorsorge, kauft sich eine Immobilie oder zahlt den Baukredit zurück. Was man eben in Zeiten steigender Löhne und niedriger Zinsen so macht.

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Quelle:
SZ vom 14.03.2017
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