Süddeutsche Zeitung

Kohlekommission:Raus hier

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Den Umweltverbänden geht der ausgehandelte Kompromiss nicht weit genug: Sie wollen, dass die Kohlekraftwerke vor 2038 stillgelegt werden.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Trotz ihrer Zustimmung zum Kohlekompromiss wollen die Umweltverbände weiter für einen früheren Ausstieg kämpfen. Das geht nach Informationen der Süddeutschen Zeitung aus einem Sondervotum hervor, das vier Mitglieder der Kommission zum Abschlussbericht abgegeben haben. "Wir stellen fest, dass weder das anvisierte Ausstiegsdatum 2038 noch der unkonkrete Pfad bis 2030 ausreichend sind, um einen angemessenen Beitrag des Energiesektors zum Klimaschutz zu leisten", schreiben die Vertreter von BUND, Greenpeace und Deutschem Naturschutzring. Auch die Vertreterin rheinischer Bürgerinitiativen, Antje Grothus, hat sich dem Votum angeschlossen. Dennoch habe man den Kompromiss mitgetragen, "um den klimapolitischen Stillstand Deutschlands der letzten Jahre zu durchbrechen", heißt es.

In der Nacht zum Samstag hatte die 28-köpfige Kommission den Abschlussbericht mit nur einer Gegenstimme angenommen. Es sieht die Stilllegung erster Braun- und Steinkohlekraftwerke schon bis 2022 vor, bis 2030 sollen weitere folgen. Spätestens 2038 soll dann das letzte Kohlekraftwerk folgen. Diese Vorgaben reichten aber nicht, damit Deutschland seinen Beitrag zur Stabilisierung der Erderwärmung auf zwei Grad Celsius leiste, "geschweige denn 1,5 Grad". Zuletzt hatte der Weltklimarat für diese Grenze geworben, um die Folgen des Klimawandels zu lindern.

Die Umweltverbände hatten schon vorher einen Ausstieg bis spätestens 2030 gefordert. Dieser bleibe "im Sinne des Klimaschutzes notwendig". Dennoch trügen sie das Gesamtergebnis mit, schon weil es einen Einstieg in den Ausstieg beinhalte. "Zum anderen werden die geplanten Strukturmaßnahmen und der geplante Ausbau der erneuerbaren Energien schon in wenigen Jahren die Diskussion verändern."

Innerhalb der Regierungskoalition allerdings bleibt der Ausstiegsfahrplan umstritten. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch verteidigte ihn am Dienstag gegen Kritik aus der Union. "Wer diesen Konsens als Symbolpolitik diffamiert, will den neoliberalen Tod für Regionen wie die Lausitz oder das Rheinische Revier", sagte er. Zuvor hatte der wirtschaftspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer (CDU), vor finanziellen Belastungen bei einem beschleunigten Kohleausstieg gewarnt. "Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier volkswirtschaftlich teuer erkaufte, klimapolitische Symbolpolitik gemacht werden soll", sagte er. Schon heute habe Deutschland die höchsten Strompreise in Europa.

Am Donnerstag wollen die Kohleländer mit Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) zusammentreffen, um über konkrete Folgen des Ausstiegs zu reden. Teil der Kommissions-Beschlüsse ist ein Paket von Maßnahmen, die den Strukturwandel in den betroffenen Regionen abfedern sollen. Die Details sollen in einem Staatsvertrag geregelt und gesetzlich festgehalten werden. Jährlich zwei Milliarden Euro sollen dafür zur Verfügung stehen.

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Quelle:
SZ vom 30.01.2019
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