Süddeutsche Zeitung

Jobabbau:Sozial unverträglich

Was ist daran sozial, wenn Menschen ihre Arbeit verlieren? Nichts! Die Worthülsen der Firmen beim Stellenabbau sind daher ein großes Ärgernis.

Sibylle Haas

Wenn Manager Stellen streichen, dann begleiten sie das oft mit dem inhaltsleeren Satz: "Die Folgen für die Mitarbeiter sollen sozialverträglich gestaltet werden". Der Satz ist nicht nur platt, sondern in mehrfacher Hinsicht unverschämt. Er suggeriert, der Verlust des Arbeitsplatzes könne etwas Soziales haben. Doch was ist daran sozial, wenn Menschen ihre Arbeit verlieren und ihnen die Möglichkeit des Broterwerbs genommen ist?

Der Satz gibt zweitens vor, Manager sorgten sich vorzugsweise um das Wohl der Belegschaft. Die Realität zeigt aber leider, dass dies nur selten geschieht. Zumeist gilt die Fürsorge der Bosse doch in erster Linie sich selber.

Der Satz verschleiert drittens die Tatsache, dass irgendjemand den Konzern in die wirtschaftliche Misere manövriert hat - weshalb ja nun Stellen wegfallen müssen. Doch die Verursacher von Verlusten, von überzogenen Wachstumsstrategien und falschen Investitionsentscheidungen sitzen nun mal oben und nicht am Band oder in kleinen Büros.

Der vermeintliche Heilssatz hat auch etwas Heuchlerisches, wenn von "Ersatzarbeitsplätzen" die Rede ist. Da wird einer Teilzeitkraft eines Telekom-Callcenters ein solcher Ersatzjob angeboten, der zwei Autostunden entfernt liegt. Oder einer Büroangestellten bei Arcandor wird offeriert, nicht mehr am Schreibtisch, sondern hinter der Theke zu arbeiten. Beides ist frech. Die Teilzeitarbeiterin kann die lange Autofahrt zur Arbeit vielleicht nicht bezahlen. Und die Büroangestellte ist wohl keine gelernte Einzelhandelskauffrau. Es wäre ehrlicher, beiden eine ordentliche Abfindung zu zahlen. Dann könnte man auch sagen: Das ist verträgliches Sozialverhalten von Managern.

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Quelle:
SZ vom 03.09.2008/mel
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