Süddeutsche Zeitung

Interview mit Unternehmensberater:"Charakter ausdrücken"

Lesezeit: 1 min

Was wohlüberlegte Raumgestaltung leisten kann.

Gerhard Matzig

Jürgen Schüppel, 44, ist Unternehmensberater und geschäftsführender Partner der Consultingfirma Change Factory. Die Räume des Münchner Firmensitzes wurden vom Architekten Peter Bohn auf ambitionierte Weise umgebaut: Fast fühlt man sich darin wie in einem coolen, geräumigen und betriebsamen Loft.

SZ: Herr Schüppel, den Umbau Ihrer Firmenräume hätten Sie wohl auch ohne Einsatz eines Architekten und vielleicht sogar billiger bewerkstelligen können. Warum ist Ihrer Unternehmensberatung das Erscheinungsbild so wichtig?

Schüppel: Kunden, die zu uns kommen, sollen auf Anhieb begreifen, mit welcher Art Firma sie es zu tun haben - und was für ein Produkt sie erwarten dürfen. Die Architektur soll also den Charakter der Firma zum Ausdruck bringen und die Markenpersönlichkeit illustrieren. Und das möglichst glaubhaft.

SZ: Was heißt das konkret?

Schüppel: Wir stehen etwa für die Begriffe transparent, unkonventionell oder frisch, aber auch für maßgeschneidert und authentisch. Die Architektur soll, vom Grundriss über die Materialien und Farben bis hin zum Interieur, eben genau das spürbar machen.

Das ist ihre Aufgabe nach außen. Es gibt aber auch noch einen zweiten, nach innen wirksamen Aspekt der Architektur, der ist mindestens ebenso wichtig: Es geht auch darum, die Mitarbeiter durch sorgfältig gestaltete Räume zu motivieren und Ihnen eine Umgebung anzubieten, mit der sie sich identifizieren können.

SZ: Was ja nur human ist. Aber rechnet sich so etwas auch? Anders gefragt: Können Unternehmen eine gelungene Architektur auch als gelungene Investition begreifen - und zwar auch dann, wenn man nicht BMW oder Siemens heißt?

Schüppel: Vielleicht gerade dann. Es gibt jedenfalls einige Studien, die belegen, dass sich die Effektivität von Mitarbeitern in Abhängigkeit von der Büro-Architektur um etwa zehn bis 50 Prozent über die Jahre hin steigern lässt. Die Architektur ist also von entscheidender Bedeutung, wenn es darum geht, Transparenz herzustellen, Kommunikation und Konzentration zu erleichtern - oder auch, um ein besonderes Team-Gefühl aufkommen zu lassen.

Wenn die Mitarbeiter regelrecht stolz sind auf ihren Arbeitsplatz, wenn sie ihn im Freundeskreis sogar präsentieren, dann darf man ruhig davon ausgehen, dass solche Mitarbeiter in besonderer Weise motiviert sind für ihren Job. Architektur rechnet sich also - nach innen wie nach außen.

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Quelle:
SZ vom 31. 07. 2008
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