Süddeutsche Zeitung

Insolvenz des Kreuzfahrtschiffs "MS Deutschland":Vom Traumschiff zum Albtraumschiff

Lesezeit: 1 min

Von Michael Kuntz, München

Das 16 Jahre alte Traumschiff MS Deutschland fasziniert nur noch Fernsehzuschauer und Kreuzfahrtpassagiere, die den mittlerweile raren Fünf-Sterne-Luxus unter deutscher Flagge suchen. Für die mehreren Tausend Investoren erwies sich der Kauf einer Unternehmensanleihe für das Schiff dagegen als absoluter Albtraum. Denn statt der versprochenen knapp acht Prozent Verzinsung droht nun der zumindest teilweise Verlust der Anlegergelder. Dabei ist noch kein Land in Sicht.

Die Geschäftsführung der MS Deutschland Beteiligungsgesellschaft mbH beantragte am Mittwoch beim Amtsgericht Eutin die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung. Einer Mitteilung zufolge hat sich die Liquiditätssituation nach der Gläubigerversammlung Anfang Oktober in Frankfurt verschlechtert. Als weitere Ursache "für eine sich unerwartet schnell entwickelnde Finanz- und Vermögenslage" werden "nicht vorhandene mittelfristig notwendige weitere Finanzierungszusagen" genannt. Auch der ehemalige bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein als Sprecher der Anleger konnte diese Entwicklung nicht verhindern.

Gläubiger kommen in München zusammen

Wie geht es weiter? Der vom Mehrheitsgesellschafter Callista Private Equity bestellte Unternehmensberater Wolfram Günther soll den wirtschaftlichen Untergang der MS Deutschland abwenden. Für den 12. November wurde eine weitere Gläubigerversammlung einberufen, diesmal in München. Dann will der auf rasche Sanierungen spezialisierte Finanzinvestor Callista Details zu den geplanten Sanierungsschritten präsentieren.

"Die anstehenden Reisen bis zum Werfttermin werden wie geplant durchgeführt", sagt der Sanierer. In die Werft soll das mit 294 Passagierkabinen eher kleine Schiff im November. Dafür fehlt noch das Geld. Günther steht also unter Druck. "Eine meiner ersten großen Aufgaben wird sein, die Finanzierung für die Werft zu sichern." Günther gibt sich optimistisch: "Unsere Buchungszahlen für 2015 sind sehr gut." Die Finanzinvestoren von Callista setzen seit Kurzem auf den Vertrieb von FTI in München, dem Reiseveranstalter mit 11 000 Büros und eigenem Fernsehsender.

Nach dem Werftbesuch soll die MS Deutschland Anfang Dezember auf Weltreise gehen. Die Löhne der Mitarbeiter des Luxusdampfers in der Insolvenz werden für drei Monate von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt.

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Quelle:
SZ vom 30.10.2014
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