Süddeutsche Zeitung

Implant Files:Anklage gegen Arzt

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Vorwürfe nach Veröffentlichung der "Implant Files" gegen einen Chirurgen: Er soll mitgewirkt haben, bestimmte Implantate einzusetzen, und dafür Geld bekommen haben.

Von Antonius Kempmann und Katrin Langhans, München

Verdacht schwerer Bestechung: In gleich zwei Fällen hat die Staatsanwaltschaft Osnabrück Anklage gegen den ehemaligen Leiter der Abteilung für Wirbelsäulenchirurgie des Klinikum Leer am Landgericht Aurich erhoben. Der Arzt ist nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR wegen Verdachts der Vorteilsannahme und der Bestechlichkeit im besonders schweren Fall angeklagt.

Dem Mediziner wird vorgeworfen, er solle daran mitgewirkt haben, dass bestimmte Implantate bei Operationen in der Abteilung für Wirbelsäulenchirurgie des Klinikums Leer eingesetzt wurden. Als Gegenleistung soll er prozentual an den Umsätzen mit dem Produkt beteiligt worden sein. In den Jahren 2011 bis 2015 soll der Arzt mehr als 14 000 Euro erhalten haben. Laut der zweiten Anklage soll der Arzt zudem mit einem Unternehmen aus Oberursel eine umsatzabhängige Provision vereinbart haben - gekoppelt an den Verkauf der Medizinprodukte aus dem Bereich der Wirbelsäulenchirurgie ans Klinikum Leer. Die Zahlungen sollen sich von 2011 bis 2016 auf mehr als 128 000 Euro belaufen haben.

Die Anwaltskanzlei, die den Arzt vertritt, teilt auf Anfrage mit, man werde im Zwischenverfahren Einwände vorbringen, um den Vorwurf zu entkräften und sei zuversichtlich, dass das Landgericht diesen folgen werde.

Der Arzt war zuletzt im Zuge der weltweiten Recherche der Implant Files in die Kritik geraten. Er hatte über Jahre hinweg Bandscheidenprothesen des britischen Herstellers Ranier Technology eingesetzt, die im Körper der Patienten wanderten, zerbröselten und zu heftigen Schmerzen führten.

Nach Informationen von NDR, WDR und SZ hatte es bereits in einer vorherigen Affenstudie Probleme mit der Bandscheibenprothese gegeben. Dutzenden Patienten des Klinikum Leer musste die Prothese Cadisc-L in einer Operation wieder entfernt werden. Das Unternehmen Ranier Technology ist mittlerweile insolvent, der ehemalige Firmengründer teile einem Recherchepartner der SZ auf Anfrage mit, alle Studien hätten den regulatorischen Anforderungen genügt. Der Arzt muss sich auch in diesem Fall in Aurich vor der Staatsanwaltschaft verantworten, wegen Körperverletzung: Er soll Patienten eine andere Prothese eingebaut haben als versprochen.

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Quelle:
SZ vom 11.12.2018
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