Süddeutsche Zeitung

Immobilien:Mieterbund attackiert Wohnkonzern wegen teurer Sanierungen

Lesezeit: 3 min

Von Benedikt Müller, Düsseldorf, und Thomas Öchsner

Gedämmte Fassaden, moderne Kunststoff-Fenster, ein neuer Aufzug oder neue Heizkörper: Wenn Immobilienkonzerne ihre Gebäude modernisieren, kann dies für die Mieter teuer werden. Bis zu elf Prozent der Renovierungskosten dürfen auf die Miete umgelegt werden.

Wegen der steigenden Kosten durch Sanierungen erhebt der Deutsche Mieterbund (DMB) nun schwere Vorwürfe gegen Vonovia, Deutschlands größtes Wohnungsunternehmen. Die Modernisierungen des Konzerns führten zu "unbezahlbaren Mieten und rasant steigenden Wohnkosten", sagte Ulrich Ropertz, Geschäftsführer des DMB. Mieterhöhungen von bis zu 80 Prozent und angekündigte Mietsteigerungen von mehr als 4,80 Euro pro Quadratmeter oder 200 Euro pro Wohnung seien die Folge, während der Konzern auf der anderen Seite Millionen-Gewinne erziele.

Ropertz verwies auf die Hauptversammlung von Vonovia am kommenden Mittwoch. Dort könnten die Aktionäre des Wohnkonzerns beschließen, dass Vonovia 675 Millionen Euro an Dividenden an seine Anteilseigner ausschüttet. Viele Mieter wüssten hingegen nicht, wie sie die neue Miete bezahlen sollten, warnt der Mieterbund.

Vonovia hat allein im vergangenen Jahr mehr als 500 Millionen Euro in die Modernisierung von rund 40 000 Wohnungen in Deutschland gesteckt. Was das für die Mieter bedeutet, erläuterte der Mieterbund an Hand mehrerer Beispiele, wie etwa bei einem Mehrfamilienhaus in Darmstadt. Dort soll der Mieter einer 50 Quadratmeter großen Wohnung im Mai 2017 die Ankündigung erhalten haben, dass Vonovia das Haus ein Jahr lang modernisieren will. Die voraussichtliche Mieterhöhung soll bei 247,42 Euro oder 4,88 Euro pro Quadratmeter gelegen haben, während die prognostizierte Ersparnis bei den Heizkosten nur 0,45 Euro pro Quadratmeter betrug. Zusätzlich sollte der Einbau eines Aufzugs die Betriebskosten um 24 Cent je Quadratmeter erhöhen. Nicht selten fielen Mieterhöhungen siebenmal höher aus als die von Vonovia versprochenen Heizkostenersparnisse, kritisiert der Mieterbund.

Machtlos sind Mieter in solchen Fällen nicht unbedingt. Sie können sich auf den sogenannten "Härtegrund" berufen und direkt nach der angekündigten Mieterhöhung wegen einer Modernisierung argumentieren, dass sie diese nicht bezahlen könnten. DMB-Geschäftsführer Ropertz wirft Vonovia allerdings vor, darauf willkürlich zu reagieren. Auch hier führt der DMB ein Beispiel an: In Dortmund soll eine 75 Jahre alte Rentnerin wegen einer Modernisierung eine Mieterhöhung von 132 Euro pro Monat erhalten haben. Die künftige Miete sollte 391,72 Euro betragen. Die Mieterin argumentiert, ihr stünden nur 794 Euro zu Verfügung, das Sozialamt zahle nicht mehr als 300 Euro. In diesem Fall soll Vonovia den Härteeinwand abgelehnt haben, da er zu spät erhoben worden sei. In anderen vom Mieterbund dokumentierten Fällen war der Konzern hingegen bereit, auf drastische Mieterhöhungen oder zumindest auf die Hälfte des Aufschlags bis zum Auszug des Mieters zu verzichten.

Der Mieterbund wirft dem Konzern vor, die Kosten der einzelnen Modernisierungsmaßnahmen oft nur unzureichend zu belegen und darin Instandhaltungskosten zu verstecken, die auf den Mieter nicht umgelegt werden dürften. Die Ankündigungen des Wohnungsunternehmens seien "seitenstark", oft sehr umfangreich, aber "nicht aussagestark".

Die Pläne von Union und SPD hält der Mieterbund für "völlig unzureichend"

Der Dax-Konzern, der heute knapp 400 000 Mietwohnungen besitzt, fühlt sich zu Unrecht kritisiert. "Dass wir uns als börsennotiertes Unternehmen mit hohen Verpflichtungen an Transparenz an geltende Gesetze halten, ist eine Selbstverständlichkeit. Dazu gehört eine klare Trennung zwischen Instandhaltung und Modernisierung", so ein Vonovia-Sprecher. "Wir sind uns unserer gesellschaftlichen Verantwortung sehr wohl bewusst." Dank energetischer Sanierungen spare Vonovia jährlich etwa 55 000 Tonnen Kohlendioxid ein, teilt der Konzern mit. Dies entspreche dem Heizenergiebedarf von 15 000 Haushalten.

Der Mieterbund fordert, die Mietsteigerungen nach Modernisierungen mithilfe einer sogenannten Kappungsgrenze zu beschränken. Diese müsse bei 1,50 Euro pro Quadratmeter liegen. Grundsätzlich sollten sich Mieterhöhungen für modernisierte Wohnungen an der ortsüblichen Vergleichsmiete orientieren. Auch müsse die große Koalition die Modernisierungsumlage von derzeit elf Prozent auf vier Prozent verringern. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD ist eine Senkung auf acht Prozent vorgesehen. Nach Ansicht des DMB ist das "völlig unzureichend".

Vonovia-Chef Buch hatte die elf Prozent hohe Modernisierungsumlage als "Segen und Fluch" zugleich bezeichnet. Sie gebe Vermietern den nötigen Anreiz, in die Wohnungen zu investieren. Doch nutzten manche Vermieter Modernisierungen, "um die Regeln des Mietrechts auszuhebeln". Deshalb spricht sich sogar der Manager des Wohnkonzerns dafür aus, dass die Miete nach Modernisierungen künftig nur um höchstens drei Euro pro Quadratmeter steigen dürfte. "Diese Regel würde schwarzen Schafen das Handwerk legen", sagte der Vonovia-Chef.

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