Süddeutsche Zeitung

Nach Corona:Raus in den Speck

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Eine Frage, eine Antwort: Treibt die Pandemie die Häuserpreise in die Höhe?

Von Stephan Radomsky

So ein Haus im Grünen, das wäre doch was. Raus aus der stressigen und engen Stadt, stattdessen mit Ruhe und Platz irgendwo auf dem Land leben - und arbeiten. Home-Office geht ja inzwischen in vielen Berufen und Unternehmen, die Pandemie hat es möglich gemacht. Allzu weit draußen soll das neue Zuhause dann aber doch nicht sein, zumindest hin und wieder will oder muss man ja doch in die Stadt. Also zieht es viele Städter in den wenig liebevoll "Speckgürtel" genannten Zwischenraum zwischen Großstadt und Provinz: Hier gibt es noch Anschluss mit Bus und Bahn, vor allem aber gartenumsäumte Einfamilienhäuser so weit das Auge reicht.

Wie groß der Drang nach draußen ist, zeigt eine Auswertung des Immobilienportals Immoscout. Dafür wurde die Zahl der Anfragen auf Verkaufsinserate für Einfamilienhäuser ausgewertet, einerseits in den fünf größten deutschen Städten Berlin, Hamburg, München, Köln und Frankfurt und andererseits in den sie umgebenden Landkreisen. Das Ergebnis ist ziemlich deutlich: Um Hamburg, München und Frankfurt wuchs die Zahl der Anfragen demnach zwischen Februar 2020 und Juni 2021 viel stärker als innerhalb der Städte - um bis zu drei Viertel. Im Fall von Berlin war das Plus sogar noch größer: um die 80 Prozent, und zwar sowohl in der Stadt als auch drumherum. Nur in Köln lag die Sache anders, aber auch hier stieg die Nachfrage im Umland noch deutlich.

Klar, dass sich bei so viel Nachfrage auch das Angebot verändert: Laut Immoscout verteuerten sich die angebotenen Immobilien fast überall im Umland stärker als in den Metropolen. Was freilich nicht heißt, dass es irgendwo billiger geworden wäre. Den geringsten Anstieg verzeichnet die Auswertung noch im Münchner Speckgürtel mit plus acht Prozent. Allerdings war die Gegend schon vor der Pandemie nicht gerade günstig.

Zwar sagt der Preis im Inserat nicht zwingend etwas über den Kaufpreis aus, der Trend scheint aber zu stimmen. So meldete das Statistische Bundesamt jüngst einen Preisrekord für Bauland: 199 Euro kostete der Quadratmeter, im Bundesdurchschnitt wohlgemerkt. In Bayern lag der Quadratmeter demnach sogar bei knapp 350 Euro. Und auch Wohnimmobilien wurden den Statistikern zufolge zuletzt immer schneller immer teurer, zuletzt waren es im ersten Quartal plus 9,4 Prozent zum Vorjahr. Ein- und Zweifamilienhäuser in ländlichen Kreisen verteuerten sich demnach sogar um 11,3 Prozent.

Für viele gestresste Städter heißt das wohl vor allem eines: Der Traum vom Haus im Grünen bleibt genau das - ein Traum.

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