Süddeutsche Zeitung

Hilfe für Firmen:Nur wer sich benimmt

Lesezeit: 2 min

Steigt der Staat als Aktionär bei Firmen ein, um ihnen zu helfen, gelten harte Regeln - keine Boni, keine Dividende, keine Risiken. So plant es die EU-Kommission und stellt damit klar: Einstiege des Staates sollen so unattraktiv wie möglich sein.

Von Björn Finke, Brüssel

Manager werden sich sehr gut überlegen, ob sie diese Hilfe akzeptieren wollen: Die EU-Kommission arbeitet an einem Regelwerk dazu, unter welchen Bedingungen Staaten als Großaktionär bei kriselnden Firmen einsteigen dürfen - und die Auflagen sind heftig. Die Brüsseler Behörde hat es Regierungen bereits einfacher gemacht, von der Corona-Pandemie betroffene Branchen mit Subventionen und Bürgschaften zu unterstützen. Doch in manchen Fällen könnte das nicht ausreichen, mancher Konzern könnte mehr Kapital brauchen, um zu überleben. Die Kommission will Staaten erlauben, dieses Kapital zur Verfügung zu stellen und Großaktionär des Betriebs zu werden.

Allerdings listet der achtseitige Entwurf der Regelung, welcher der Süddeutschen Zeitung vorliegt, harte Einschränkungen für die begünstigten Firmen auf. Solange der Staat an Bord ist, dürfen die Konzerne keine Dividenden ausschütten oder Aktien zurückkaufen - außer von der Regierung. Die Gehälter des Managements werden eingefroren, Boni sind nicht zulässig. Hat das Unternehmen in einem Markt viel Macht, kann es gezwungen werden, Tochtergesellschaften zu verkaufen. Die Betriebe dürfen auch keine Rivalen übernehmen; Ausnahmen gelten, wenn die Brüsseler Wettbewerbshüter den Erwerb als überlebenswichtig einstufen oder wenn es sich bei dem Staatshilfe-Empfänger um einen Mittelständler handelt. Dem Vorstand ist es verboten, "exzessive Risiken" einzugehen oder einen "aggressiven" Wachstumskurs zu verfolgen, heißt es in dem Vorschlag.

Die Kommission begründet das enge Korsett damit, dass Staatsbeteiligungen "den Wettbewerb zwischen Unternehmen stark verzerren" könnten; die Teilverstaatlichung müsse ein Mittel der allerletzten Wahl bleiben. An ähnliche Verhaltensregeln mussten sich Banken halten, die während der Finanzkrise durch Kapitalspritzen der Regierung gerettet wurden.

Der Vorschlag der Kommission zielt aber diesmal nur auf Unternehmen außerhalb der Finanzbranche ab. Damit der Staat bei ihnen einsteigen darf, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. So darf die Firma nicht schon im vergangenen Jahr Probleme gehabt haben - diese Klausel soll Hilfen für Betriebe verhindern, die bereits vor der Corona-Krise marode waren. Zudem muss die Kapitalspritze die letzte Chance sein, um eine Pleite mit schlimmen Folgen für Beschäftigte oder das Funktionieren des Marktes abzuwenden. Das Management muss erfolglos versucht haben, private Investoren zu finden.

Die Regierungen dürfen entsprechende Hilfsprogramme aufsetzen und Firmen dann Kapital zur Verfügung stellen. Nur bei besonders üppigen Zuschüssen - der Vorschlag nennt 100 Millionen Euro als Grenze - will die Kommission den Fall selbst prüfen. Die Behörde gibt als Ziel vor, dass die Staaten ihre Beteiligungen bis Ende 2022 wieder verkaufen und sich ihren Kapitaleinsatz "angemessen" entlohnen lassen. Gelingt es dem Management nicht, in dieser Frist den Staatsanteil deutlich zu senken, sind Strafen fällig. Sollte die Regierung sogar noch Ende 2024 einen wesentlichen Anteil halten, will die Kommission einen Sanierungsplan sehen. Der soll aufzeigen, wie das Unternehmen ohne Staatshilfe überlebensfähig ist.

Kein Zweifel: Die Kommission bemüht sich wirklich sehr, einen Einstieg des Staates so unattraktiv wie möglich zu machen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4883826
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 22.04.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.