Süddeutsche Zeitung

Haushalt in Deutschland:Finanzminister im Glück

Der deutsche Staat hat im vergangenen Jahr keine Schulden gemacht, sondern einen leichten Überschuss erwirtschaftet. Finanzminister Schäubles Anteil daran: Er hat die Steuersenkungs-Versprechen der FDP bis zur Unkenntlichkeit geschrumpft. Der Rest ist Glück.

Ein Kommentar von Guido Bohsem, Berlin

Zu solchen Gelegenheiten darf sich der Finanzminister schon mal eine gute Beerenauslese gönnen: Die Neuverschuldung des Bundes 2012 liegt deutlich unter Plan, obwohl zusätzlich zehn Milliarden Euro für die Rettung des Euro gezahlt wurden. Die Vorgaben der Schuldenbremse sind vier Jahre früher erfüllt als vorgeschrieben. Und schließlich: Der gesamte Staat hat im vergangenen Jahr keine Schulden gemacht, sondern einen leichten Überschuss erwirtschaftet.

Es hat schon Ressortchefs gegeben, die mit deutlich schlechteren Zahlen ins Wahljahr gestartet sind als Wolfgang Schäuble (CDU). Ohne Rücksicht auf Verluste hat Schäuble die Steuersenkungs-Versprechen der FDP bis zur Unkenntlichkeit geschrumpft (und den liberalen Koalitionspartner gleich mit). Das ist sein eigentliches, sein einziges Verdienst um den Haushalt. Der Rest ist Glück - die Wirtschaft wuchs wie seit Jahrzehnten nicht, mit kräftiger Unterstützung der Europäischen Zentralbank übrigens.

So viel Glück wird die nächste Bundesregierung nicht mehr haben. Zwar ist noch nicht ausgemacht, ob die Konjunktur nur kurzfristig oder länger eintrübt. Die Zeiten, in denen sich der Haushalt durch immer höhere Steuereinnahmen beinahe von selbst in Ordnung brachte, sind jedenfalls vorbei. Vertan ist damit auch die Chance, den weltweit beachteten deutschen Boom zu nutzen, um den Haushalt tatsächlich in Ordnung zu bringen.

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Quelle:
SZ vom 16.01.2013
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