Süddeutsche Zeitung

Happy Digits:Geschenkte Kundenkarten

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Mit dem Ausstieg aus dem Bonusprogramm Happy Digits wirbelt die Telekom den Markt durcheinander - und verhilft dem früheren Partner Karstadt zu einer Geldspritze.

S. Weber

Die knappe Mitteilung der Deutschen Telekom und des Warenhauskonzerns Karstadt vom Freitag klang unspektakulär. Das Telekommunikationsunternehmen, so hieß es da, wolle sich auf sein Kerngeschäft konzentrieren und gebe aus diesem Grund seinen 51 Prozent-Anteil an dem gemeinsam mit Karstadt betriebenen Bonusprogramm Happy Digits ab. Der Warenhauskonzern sei somit künftig alleiniger Eigentümer der Betreibergesellschaft von Happy Digits.

Der Vorgang hat Gewicht für die beteiligten Unternehmen. Sie stehen durch den im März stattfindenden Wechsel von Telekom-Finanzchef Karl-Gerhard Eick an die Spitze des Karstadt-Mutterkonzerns Arcandor in einem besonderen Verhältnis zueinander. Aber auch für alle Anbieter von Kundenkarten, die seit langem mit großem Einsatz um einen Platz in den Geldbörsen der Verbraucher ringen. Happy Digits ist neben Payback das führende Bonusprogramm in Deutschland. Dessen Karten stecken in Millionen Portemonnaies.

Punkte gegen Prämie tauschen

Eine dritte starke Kraft in diesem Markt ist seit März vergangenen Jahres die von der Bertelsmann-Tochter Arvato ausgegebene Deutschland-Card. Diese drei Kartenanbieter arbeiten mit Unternehmen meist aus dem Einzelhandel, aber auch aus dem Finanz- oder Touristikbereich zusammen. Bei diesen Firmen können Karteninhaber mit ihren Einkäufen Punkte sammeln und die später gegen Prämien einlösen.

Nach Schätzung von Marktforschern sind bundesweit etwa 100 Millionen Kunden Karten im Umlauf und es werden ständig mehr. Happy Digits gibt in jedem Monat etwa 100 000 neue Plastikrechtecke aus. Viele Verbraucher schätzen die Karten, weil sie die versprochenen Rabatte nutzen wollen und Spaß daran haben, Prämien zu ergattern. Der Reiz für die beteiligten Unternehmen besteht darin, Kunden an sich zu binden: Wer eine Payback-Karte besitzt, wird möglicherweise lieber eine Aral- als eine Shell-Tankstelle anfahren, weil er bei Aral Punkte sammeln kann. Zwar warnen Verbraucherschützer seit langem, Kartenbesitzer machten sich zum gläsernen Konsumenten. Aber das hat die Beliebtheit der Bonusprogramme nicht deutlich gebremst.

Mit dem Eigentümerwechsel bei Happy Digits kommt Bewegung in den Kartenmarkt. Branchenkenner sind überzeugt, dass Karstadt als nunmehr alleiniger Eigentümer das Geschäftsmodell ändern wird und aus Happy Digits eine reine Karstadt-Karte macht. Bereits heute gehören knapp fünf Millionen der insgesamt etwa 22 Millionen Teilnehmer am Happy-Digits-Programm zur Klientel von Karstadt. Wird aus dem heute branchenübergreifenden Bonussystem künftig eine Kundenkarte für Warenhaus-Kunden, so werden sich die übrigen Partner von Happy Digits, darunter der Lebensmittelhändler Tengelmann, der Autovermieter Sixt, aber auch viele hundert lokale und regionale Partner, um Anschluss an ein anderes Bonusprogramm bemühen müssen.

Davon wird vor allem die Bertelsmann-Tochter Arvato profitieren. Mehrfach musste das Unternehmen den Start seiner Deutschland-Card verschieben, weil es an zugkräftigen Partnern mangelte. Aus dem Kreis der Happy-Digits-Unternehmen könnte es manchen geben, der bei der Deutschland-Card mitmacht, zumal der Weg zum Konkurrenten Payback in vielen Fällen versperrt ist. Denn deren Partner haben sich für ihre Branche meist Exklusivität zusichern lassen.

Nicht eingelöste Prämien

Bleibt die Frage, warum die Telekom bei dem Bonusprogramm aussteigt und der finanzschwache Karstadt-Konzern einen, wie Marktkreise behaupten, einstelligen Millionen-Betrag einsetzt, um die Anteile zu erwerben. Dass sich die Telekom auf das Kerngeschäft zurückziehen will, ist eine Sache. Für Karstadt kann diese Transaktion sehr lohnend sein. Denn die Betreiber der Bonusprogramme haben in ihrer Bilanz üblicherweise hohe Rückstellungen für den Fall gebildet, dass die Kartenkunden ihre Prämien abrufen. Wenn nun aus der Happy-Digits- eine reine Karstadt-Karte wird, werden wohl ein paar Millionen Verbraucher das Programm verlassen. Und viele davon werden gehen, ohne vorher ihre gesammelten Punkte in Prämien umzuwandeln. Schätzungen zufolge könnte deswegen ein mittelgroßer zweistelliger Millionenbetrag in Karstadts Kasse verbleiben - eine willkommene Finanzspritze für den klammen Arcandor-Konzern und eine hübsche Mitgift von Telekom-Finanzchef Eick für seinen künftigen Arbeitgeber.

Dort will man sich zu solchen Überlegungen nicht äußern. In aller Ruhe, so sagte ein Sprecher, werde man überlegen, was aus Happy Digits wird. Im Umfeld des Unternehmens heißt es jedoch: Die Karstadt-Karte kommt.

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Quelle:
SZ vom 17./18.01.2009/mel
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