Süddeutsche Zeitung

Größter Personenscan der Geschichte:Indien: Der Mensch wird zur Nummer

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1,2 Milliarden Inder sollen künftig einen Ausweis erhalten, und dafür Fingerabdrücke abgeben und ihre Iris scannen lassen. Die Regierung erhofft sich weniger Korruption - Kritiker befürchten Überwachung.

Es ist das vielleicht größte Programm zur Erfassung von Menschen in der Geschichte: In Indien haben die Behörden damit begonnen, die Bevölkerung des Landes biometrisch zu erfassen.

Am Ende des Unique Identification (UID) Programms sollen 1,2 Milliarden Menschen in einer Datenbank erfasst sein. Zu den gespeicherten Informationen gehört neben eines Fotos ein Iris-Scan und der Fingerabdruck. Jeder Inder soll danach eine zwölfstellige Identitätsnummer haben, die beispielsweise bei Behördengängen, zum Erhalt von Sozialleistungen oder zur Eröffnung eines Bankkontos eingesetzt werden kann, berichtet die BBC.

Die Regierung erhofft sich nach eigenen Angaben davon Vorteile für den ärmsten Teil der Bevölkerung: Bislang fungieren oft Führerscheine als Identitätsnachweis, viele Menschen haben überhaupt keine Möglichkeit, sich auszuweisen. Indische Beamte sind berüchtigt dafür, Namen zu fälschen, um die soziale Hilfszahlungen selbst einzustecken.

Ein Nebeneffekt wären höhere Steuereinnahmen: Weil derzeit eine zentrale Registrierung der Bürger fehlt, zahlen Statistiken zufolge nur fünf Prozent der Einwohner des Landes ihre Einkommenssteuer.

Kritiker hegen allerdings Zweifel am Zweck des Projekts: Sie befürchten, die indische Regierung könnte mit der neuen Datenbank die Überwachung der Bürger verschärfen. Erst jüngst hatte die indische Regierung den Blackberry-Hersteller RIM aufgefordert, Server in Indien aufzustellen um eine Überwachung des Nachrichtenverkehrs über die als sicher geltenden Handys zu ermöglichen.

Informationen fließen in Datenspeicher

Die Identitätsnummer ist offiziell freiwillig, allerdings künftig für viele Geschäfte zwingend notwendig: So können beispielsweise einmal Handys nur noch bei Angabe der Identitätsnummer gekauft werden, der Kauf selbst fließt ebenso wie Bankdaten in den zentralen Datenspeicher. Noch ist unklar, wer welche Zugriffsrechte auf diese Daten hat.

Bis zum Jahr 2014 sollen etwa 600 Millionen Menschen erfasst werden, die Kosten belaufen sich nach Regierungsangaben auf umgerechnet sechs Milliarden Euro, könnten aber nach Ansicht von Experten deutlich steigen.

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