Süddeutsche Zeitung

Griechenland:Absturz in die Armut

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Harte Sparmaßnahmen machen viele Griechen arm. Heute verfügen sie über fast 40 Prozent weniger Einkommen als vor fünf Jahren. Man habe Opfer auf sich nehmen müssen, "die kein europäisches Volk in Friedenszeiten je hat erbringen müssen", sagt der griechische Innenminister.

Die schwere Wirtschaftskrise und die harten Sparmaßnahmen haben viele Griechen in die Armut gestürzt: Durchschnittlich sind sie heute fast 40 Prozent ärmer als vor fünf Jahren. Das verfügbare Einkommen habe im zweiten Quartal um 29,5 Prozent unter dem Niveau des gleichen Zeitraums 2008 gelegen, wie aus den jüngsten Daten des nationalen Statistikamtes Elstat hervorgeht. Werde noch die in dieser Zeit angelaufene Inflation berücksichtigt, erhöhe sich das Minus auf nahezu 40 Prozent.

Wegen der immer wieder drohenden Staatspleite hat die Regierung Ausgaben gekürzt und Steuern erhöht, um im Gegenzug Milliarden von internationalen Geldgebern zu bekommen. In den vergangenen vier Jahren wurden beispielsweise die Sozialleistungen um 26 Prozent gesenkt. Das belastet den Konsum im Land, der drei Viertel der Wirtschaftsleistung ausmacht.

Das Bruttoinlandsprodukt dürfte auch deshalb in diesem Jahr um etwa vier Prozent schrumpfen. Damit hätte das Euro-Land seit 2008 etwa ein Viertel seiner Wirtschaftsleistung verloren. Erst 2014 wird wieder ein kleines Wachstum erwartet.

Die EU-Kommission forderte Griechenland auf, Strukturreformen konsequent umzusetzen und die Effizienz der Verwaltung zu erhöhen. Beides seien Voraussetzung für die Rückkehr zu Wachstum, hieß es in einem in Brüssel veröffentlichten Bericht. So müssten das Steuersystem verbessert und eine ebenso zuverlässige wie unternehmensfreundliche Verwaltung geschaffen werden. "Wachstum und neue Jobs können nur florierende Unternehmen schaffen, die leichten Zugang zu Finanzen und Märkten haben", hieß es. "Es wäre schade, wenn all die Opfer, die das griechische Volk in den vergangenen Jahren erbracht hat, nicht zum Erfolg führen würden."

"Raus aus der Rezession"

Der griechische Innenminister Giannis Michelakis forderte die EU indes auf, demnächst wie im vergangenen November beschlossen über eine langfristige Lösung für Griechenland zu sprechen. Griechenland werde seinen Teil der Abmachung einhalten und 2013 keine neuen Schulden aufnehmen, sagte Michelakis bei der Deutsch-Griechischen Versammlung in Nürnberg.

Mit der strikten Sparpolitik müsse jetzt Schluss sein. "In den vergangenen Jahren mussten wir Opfer auf uns nehmen, die kein europäisches Volk in Friedenszeiten je hat erbringen müssen", betonte Michelakis. "Nun ist die Bevölkerung an ihren Grenzen angelangt." Ein weiteres Jahr mit Kürzungen bei Löhnen und Renten würde auch die Wirtschaft nicht aushalten. "Wir müssen aus der Rezession raus", unterstrich Michelakis in Nürnberg vor rund 400 deutschen und griechischen Politikern und Experten, die sich zu kommunalpolitischen Themen wie Abfall- und Wassermanagement, erneuerbare Energien oder Migration austauschten.

Wie der Anteil der Verbindlichkeiten an der Wirtschaftsleistung langfristig auf ein nachhaltiges Niveau gesenkt werden könne, müsse noch vor der Europa-Wahl im Mai endgültig entschieden werden, forderte Michelakis. "Wir müssen ein Schuldenniveau erreichen, das es Griechenland erlaubt, wieder auf die Märkte zu kommen." Dann könnte der Staat das Wirtschaftswachstum wieder aus eigener Kraft fördern.

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