Süddeutsche Zeitung

GPS-Handys:Verpeilte Ortung auf dem Land

Lesezeit: 3 Min.

Wissen, was die Freunde machen: Mobiltelefone lassen sich über Funkmasten lokalisieren. Doch vor allem auf dem Land ist das noch ungenau.

Klaus C. Koch

Die erste, gleich nach dem Einloggen auf einer Internetseite eingeleitete Peilung des eigenen Handys ortet den Autor knapp neben der Mistgrube eines Ferienreiterhofes, etwa 900 Meter neben dem tatsächlichen Standort.

Alois S. aus Rimbach wird in einem fremden Garten gefunden, Markus C. statt in seiner Stammkneipe mitten auf einer Straße. Aber wie funktioniert diese Ortung eigentlich und warum ist sie so ungenau?

Mobilfunkanbieter sind per Gesetz dazu verpflichtet, die Herkunft eines Telefonates ermitteln zu können und damit auch den Standort eines Handys ausfindig zu machen. Die Installation der entsprechenden Rechner und Programme in den Rechenzentren war teuer. Und so kam die Idee auf, die ohnehin vorhandene Technik auch Normalverbrauchern gegen Gebühr als vermeintlich sinnstiftenden Service anzudienen.

Durch Spezialanbieter wie Burdas Nowhere, Bobmile und Partner-Tracker bekam jedermann die Möglichkeit, für Beträge zwischen 29und 69 Cent pro Ortung Freunde oder Partner in der Prärie und im Dschungel der Großstadt anzupeilen.

Schriftliches Einverständnis notwendig

Bei den Großen der Branche machten schnell Zehntausende mit; anfangs genügte es, dazu das Einverständnis des Angepeilten durch eine SMS-Nachricht einzuholen. Doch Datenschützer protestierten, und schließlich wurden die Auflagen verschärft. Statt einer einfachen SMS muss nun eine schriftliche Erklärung vorliegen, dass die Zielperson mit ihrer Ortung einverstanden ist.

Das wird manche, die den Zusatzdienst gerade mal aus Lust und Laune nutzten, schon wieder zu viel sein. Mit der Änderung des Telekommunikationsgesetzes, derzufolge der Geortete zuvor "ausdrücklich, gesondert und schriftlich" sein Einverständnis geben und nach fünfmaliger Ortung darüber hinaus auch noch einmal per SMS informiert werden muss, sehen die Anbieter ihre Felle davonschwimmen.

Zumindest das große Geschäft mit der breiten Masse scheint dahin zu sein. Nowhere-Geschäftsführer Jörg Sigmund beklagt: "Das Geschäft ist dadurch, dass jetzt jeder erst einen Brief schreiben muss, praktisch kaputt." Auch Dienste wie Track your Kid, die Eltern bei der sorgenvollen Frage nach dem Aufenthaltsort des Nachwuchses helfen wollten, müssen die verschärften Auflagen einhalten. Allerdings gibt es wohl auch bessere Methoden, die Kinder im Auge zu behalten.

Während die Handyortung für Privatleute erschwert wurde, erlaubte der Gesetzgeber jedoch Rettungsdiensten den Zugriff auf diese neue technische Möglichkeit. Auch wenn ein Anrufer nicht mehr in der Lage ist, seinen Standort mitzuteilen, können die Disponenten in den Rettungsleitstellen innerhalb von Sekunden feststellen, woher der Anruf eines Handys kommt.

Technisch funktioniert die Ortung so: Die Signale, die Mobiltelefone aussenden, werden meist nicht nur von einer Basisstation, sondern von mehreren zugleich empfangen. Da bis auf den Meter genau bekannt ist, wo die Handymasten stehen, kann man mit einer sogenannten Kreuzpeilung in etwa feststellen, wo sich der Anrufer befindet.

Das Computerprogramm errechnet dazu aus der Stärke des Handysignals die Richtung und mutmaßliche Entfernung des Mobiltelefons von der jeweiligen Sende-/Empfangsanlage des Mobilfunkbetreibers. Der Einzugsbereich der Masten kann sich aber über etliche Quadratkilometer erstrecken. Weil zudem Häuser, Berge oder größere Ansammlungen von Metall die Ausbreitung der Funkwelle behindern können, bleibt das Verfahren jedoch ungenau.

Während in städtischen Gebieten Aufenthaltsorte auf bis 20 Meter genau identifiziert werden können, weil sich dort die Funkzellen von vielen Basisstationen über eine kleinere Fläche verteilen, liegt die Peilung auf dem Land schnell mal um einen Kilometer daneben - das erklärt, wieso der Ortungsdienst den tatsächlichen Standort des Autors gleich um fast einen Kilometer verfehlte.

Ihren Reiz haben die im Internet angebotenen Ortungsdienste dennoch. Zumindestens vermittelt die Peilung einen groben Eindruck davon, wo sich der Gesuchte aufhält. Der mutmaßliche Aufenthaltsort erscheint dabei auf einer Karte oder auch in einer Luftaufnahme.

Akku wird schlapp

Weitaus größer ist die Treffsicherheit, wenn das Mobiltelefon mit einem GPS-Empfänger gekoppelt ist, wie es bei Outdoor-Sportlern zunehmend beliebt ist; auch das iPhone von Apple verfügt über einen solchen Ortungschip. Der Nachteil daran ist, dass der GPS-Chip relativ viel Strom verbraucht, weil er, um die Position aktuell zu halten, ständig nach Signalen der GPS-Satelliten Ausschau halten und diese dann in Positionsdaten umrechnen muss.

Der Akku des Mobiltelefons wird dadurch um einiges schneller schlapp. Diese Art der Ortung funktioniert aber nur dann, wenn das GPS-Handy oder ein externes GPS-Gerät freie Sicht auf die Satelliten hat. Die ungenauere Peilung über die Handymasten funktioniert dagegen auch dann, wenn das Handy beispielsweise im Handschuhfach eines Autos liegt - es muss nur eingeschaltet sein.

Mobilfunkanbieter können aber nicht nur die Position eines Handys ermitteln. Sie sind auch dazu verpflichtet, Behörden mit entsprechender Befugnis das Abhören von Handytelefonaten zu ermöglichen. Telefonanbietern wird die Betriebsgenehmigung erst gar nicht erteilt, wenn sie die entsprechenden Überwachungseinrichtungen, zu denen auch das Abhören gehört, nicht installiert haben.

Die Bestimmungen, über deren Einhaltung die Bundesnetzagentur wacht, wurden nach den Vorgaben des Europäischen Instituts zur Standardisierung der Telekommunikation (ETSI) gestaltet. Allein bei Vodafone wird der Aufwand dafür auf rund 20 Millionen Euro im Jahr geschätzt, bundesweit vom Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) auf "hohe zweistellige Millionensummen" beziffert.

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Quelle:
SZ vom 18.01.2010
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