Süddeutsche Zeitung

Glücksspiel:EU will Online-Kasinos kindersicher machen

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Poker, Sportwetten, Lotterien: Glücksspiele im Internet sind ein Milliardengeschäft. Um Verbraucher vor Spielsucht zu bewahren, macht die EU-Kommission Vorschläge, die insbesondere Kinder schützen sollen. Die Verantwortung für die Umsetzung liegt aber vor allem in Berlin.

  • Brüssel fordert striktere Zugangs-Kontrollen und Höchstgrenzen für Einsätze bei Glücksspielen im Internet.
  • Kinder und Jugendliche sollen weniger Werbung sehen.
  • Bindend sind die Vorschläge allerdings nicht. Die Mitgliedsstaaten müssten nun handeln.
  • Die Bundesregierung arbeitet parallel an einer Reform der Vorgaben für Spielautomaten.

Kontrolle von Alter und Identität

Die EU-Kommission will Minderjährigen den Zugang zu Online-Kasinos erschweren. Der für Dienstleistungen zuständige Kommissar Michel Barnier forderte von den Mitgliedstaaten, dass Minderjährige keinen Zugang zu Glücksspielen im Internet haben. Er will, dass die Mitgliedsstaaten Verbraucher verpflichten, auf den Seiten Alter und Identität anzugeben, wenn sie sich anmelden - und dass Anbieter die Angaben auch überprüfen müssen. Ziel ist, dass die Seitenbetreiber so das Spielerverhalten verfolgen und bei zu hohen Verlusten oder Anzeichen für Sucht einschreiten können. Von den Betreibern fordert die EU-Kommission zudem, keine falschen Versprechen über die Gewinnchancen zu machen. Barnier sagte: "Wir müssen alle Bürger, und insbesondere unsere Kinder, vor den Risiken des Glücksspiels schützen."

Kinder sollen vor Glücksspiel-Werbung geschützt werden

Auch sollen Minderjährige so wenig wie möglich Werbung für die Zockerei im Netz ausgesetzt werden. Schätzungen zufolge leiden zwischen 0,1 und 0,8 Prozent aller Erwachsenen an einer Glücksspielstörung. Bis zu rund zwei weitere Prozent zeigen demnach ein "potenziell problematisches Spielverhalten".

Die EU-Kommission fordert in ihren Empfehlungen zudem, dass Spieler bereits bei der Einrichtung ihrer Benutzerkonten Höchstgrenzen festlegen können, damit sie nicht zu hohe Summen verzocken. Während des Spiels sollen sie dann über ihre Gewinne und Verluste informiert werden. Ein Vorschlag ist auch, die Zeit am virtuellen Spieltisch zeitlich zu begrenzen. Zudem sollen Spieler ihren Zugang zu Glücksspielseiten im Netz selbst ohne Probleme sperren können.

Boomender Markt

Das digitale Glücksspiel ist in der EU ein riesiges Geschäft, Tendenz stark steigend. Machten Kasinos und Wettanbieter im Netz 2006 noch Einnahmen von mehr als 6 Milliarden Euro, waren es im vergangenen Jahr bereits 10,5 Milliarden Euro. 2015 wird die Branche Schätzungen zufolge die Marke von 13 Milliarden Euro knacken.

Dieser rapide Erfolg hängt der EU-Kommission zufolge auch mit dem Siegeszug von Smartphones und Tablet-Computern zusammen. Fast sieben Millionen Verbraucher in der EU nutzen demnach Online-Glücksspieldienste.

Strengere Regeln für Spielautomaten

Die Bundesregierung plant derzeit schärfere Regeln für - physische - Spielautomaten, ebenfalls, um spielsucht zu bekämpfen. Die Kisten in Kneipen und Spielhallen machen mehr als die Hälfte des über 30 Milliarden Euro schweren deutschen Glücksspielmarktes aus. Experten sehen in ihnen die gefährlichste Variante des Zockens, weil sie besonders süchtig machen können.

Deshalb wird derzeit an einer Verschärfung der Spieleverordnung gearbeitet: Damit soll vor allem eine Lücke geschlossen werden, durch die Automatenbetreiber bisher Schutzschranken wie maximale Gewinne und Verluste pro Stunde umgehen konnten, wie Kritiker bemängeln.

Daher sieht das federführende Bundeswirtschaftsministerium in seinem Reform-Entwurf nun ein generelles Verbot des sogenannten Punktespiels vor. Außerdem sollen maximal zwei statt bisher drei Spielautomaten pro Kneipe erlaubt sein. Zugleich werden der pro Stunde mögliche Verlust um 20 auf 60 Euro und der maximale Gewinn pro Stunde um 100 auf 400 Euro sinken. Auch die Automatiktaste soll künftig wegfallen. Sie macht es möglich, an mehreren Automaten gleichzeitig zu zocken.

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