Süddeutsche Zeitung

Geldwerkstatt:Glückauf? Glückab!

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Industriemetalle sind in der Weltwirtschaft unentbehrlich. Lange gehörten sie zu den Börsengewinnern. Doch der Zollstreit zwischen den USA und China lässt die Preise für Kupfer & Co. in den Keller rauschen.

Von Nils Wischmeyer, München

Wenn Donald Trump am frühen Morgen oder spät in der Nacht mal wieder twittert, zittern zurzeit die Rohstofffirmen dieser Welt. In den vergangenen Wochen gab es viele solcher Momente, in denen sich der US-Präsident und sein chinesisches Pendant Xi Jinping mit Drohungen überzogen. Erhöht der eine die Zölle, zieht der andere nach. Und fast immer zeigt sich das gleiche Muster.

Denn jedes Mal, wenn der US-Präsident sich öffentlich aufregte, gingen die Preise der Buntmetalle auf Talfahrt. Die Metalle sind in so gut wie jedem alltäglichen Produkt verbaut. Sie reagieren deshalb extrem empfindlich auf mögliche Spannungen an den Märkten und Konjunkturschwankungen. Zurzeit sind sie wohl der größte Verlierer des eskalierenden Streits zwischen den USA und China. Denn aus Furcht vor einem drohenden Handelskrieg und dem Einbruch der Weltwirtschaft reagierten die Investoren panisch und warfen ihre Bestände an Industriemetallen auf den Markt. Der Kupferpreis zeigt das exemplarisch.

Gehörten Kupfer, Zink und auch Aluminium bis in den Juni hinein noch zu den Gewinnern in diesem Jahr, geht es seit den ersten Drohungen steil bergab. Eine Entwicklung, die anhalten wird, glaubt Daniel Briesemann, Rohstoffanalyst im Research der Commerzbank. Er sagt: "Die Märkte bleiben nervös." Neben dem Handelsstreit gibt es aber noch andere Faktoren, die den Preis der Industriemetalle beeinflussen. Für exakte Prognosen müsse man sich deshalb jedes Metall einzeln anschauen, sagt Briesemann. Der Nickelpreis etwa profitiere von der Nachfrage im Bereich der E-Mobilität und entwickle sich deshalb gegensätzlich. "Am Ende aber sitzen alle im selben Boot, fahren nur mit unterschiedlicher Geschwindigkeit", sagt der Commerzbank-Analyst.

Wirtschaftsweise, Firmenbosse und Experten machen die Preise für Kupfer nervös. Das rote Metall gilt immerhin als zuverlässiges Krisenbarometer und wird unter Finanzexperten gerne auch "Dr. Copper" genannt.

Die Rechnung ging bisher immer so: Es wird mehr produziert, Kupfer stärker nachgefragt, die Kurse steigen. Da nun die Kupferpreise in den Keller rauschen, könnte das ein erstes Anzeichen dafür sein, dass die Konjunktur abkühlt, die Nachfrage zurückgeht und die Unternehmen weniger herstellen.

Diese Entwicklung beobachten die Rohstoffanalysten in Deutschland mit Sorge. Dass der Kupferpreis so stark sinkt, liege nicht ausschließlich am Handelskrieg, sagt Andreas Speer, Rohstoffanalyst bei der Bayern-LB. Er sieht darin vor allen Dingen einen Vorboten für ein langsameres Wachstum in China. Die jüngsten Zahlen aus der Volksrepublik seien "ernüchternd", sagt er. Sein Kollege Briesemann von der Commerzbank sieht das ähnlich. Das ist aus zwei Gründen problematisch. Zum einen ist die Volksrepublik für rund die Hälfte der Nachfrage nach nahezu allen Metallen verantwortlich. Sinkt die Nachfrage, rauschen die Preise womöglich noch tiefer in den Keller. Zum anderen ist China längst ein wichtiger Treiber der Weltwirtschaft. Geht es der Volksrepublik schlecht, droht auch die weltweite Wirtschaft zu lahmen.

Dass die Industriemetalle überhaupt ein so wichtiger Indikator sind, liegt insbesondere daran, dass sie so gut wie überall eingesetzt werden. Auf den Baustellen werden Kupfer & Co. ebenso benötigt wie bei der Produktion von Smartphones, beim Bau von Bussen oder auch beim Ausbau der Elektromobilität in den USA und Europa. In der Batterie eines modernen E-Autos befinden sich teils mehr als 60 Kilogramm Kupfer. An diesem Beispiel sehe man bereits, dass die Buntmetalle natürlich weiterhin gebraucht werden, gerade auch in Zukunft, sagt Speer von der Bayern-LB.

Hinzu kommt, dass die Regierungen in China oder Indien gigantische Infrastrukturprojekte stemmen müssen: Ganze Städte werden hochgezogen, U-Bahnen gebaut, immer mehr Autos laufen über die Fließbänder in den asiatischen Metropolen, und immer braucht es Kupfer, Nickel, Zink oder Blei.

Das bedeutet, langfristig werde die Nachfrage wieder anziehen, ist sich auch Briesemann sicher. "Beruhigt sich die Lage im Handelsstreit, rechnen wir mit einem starken Kursanstieg", sagt Briesemann. Die Preise nämlich seien seit Mai zu tief gefallen für das, was die Fundamentaldaten hergeben.

Ein Investment ist eher für Profis geeignet - die Preise schwanken stark

Politische Risiken können die Preise der Metalle aber in nur wenigen Tagen tief abrutschen lassen. Das haben Xi und Trump eindrucksvoll demonstriert. Auch eine abkühlende Konjunktur hat starken Einfluss auf die Preise der Buntmetalle. Immer sind sie abhängig von Fragen, die - gerade in Zeiten von Donald Trump - kaum zu beantworten sind: Droht ein Handelskrieg? Fährt die intransparente Regierung in China plötzlich ihre Importe herunter? Und läuft der Motor der Weltwirtschaft noch rund?

Die Antworten auf diese Fragen sind nie einfach und immer eine Momentaufnahme, weshalb ein Investment eher für Profis geeignet ist. Wer sein Geld anlegen will, kann das tun, indem er Anteile der Unternehmen kauft, die am Abbau oder der Weiterverarbeitung beteiligt sind.

Zusätzlich gibt es Zertifikate, Optionen und auch Optionsscheine. Über ETCs können Privatanleger zudem auf Metallpreise wetten; sie bilden Rohstoffindizes oder einzelne Rohstoffe ab. Man kann damit auf steigende oder fallende Preise setzen.

In jedem Fall müssen Verbraucher beachten, dass die Notierungen am Rohstoffmarkt meist sehr stark schwanken. Es ist daher dazu zu raten, nur Geld einzusetzen, dessen Verlust man im schlimmsten Fall verschmerzen kann.

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Quelle:
SZ vom 13.08.2018
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