Süddeutsche Zeitung

Geisterstadt in Spanien:Die unheimliche Stille von Valdeluz

Sie liegt da wie eine Stadt, der man die Einwohner geraubt hat: Leere Wohnungen, einsame Spielplätze, verwaiste Straßen. Valdeluz war als Paradies gedacht und ist nun zur Ödnis verdammt. Schuld ist die Finanzkrise. Ein Streifzug in Bildern.

Von Hans von der Hagen

Sie ist wie eine Stadt, der man die Einwohner geraubt hat: Leere Wohnungen, einsame Spielplätze, verwaiste Straßen. Valdeluz war als Paradies gedacht und ist nun zur Ödnis verdammt. Schuld ist die Finanzkrise. Überraschend groß kündigt sich der Ort seinen Besuchern an - unerwartet klein ist er in der Wirklichkeit. Ciudad Valdeluz steht für die geplatzen Träume vom neuen Spanien, dass vor wenigen Jahren noch greifbar nahe zu sein schien. Der Ort ist eine Retortenstadt nordöstlich von Madrid, deren Investoren den Bewohnern ein tolles Leben versprachen.

Der Euro, die niedrigen Zinsen, das viele Geld aus ganz Europa, was zu Beginn des Jahrtausends nach Spanien floss - alles schien plötzlich möglich zu sein. Doch in der Finanzkrise brach alles weg, Kredite platzten - den Firmen ging das Geld aus. Nun ist Valdeluz eine Geisterstadt, lediglich ein Bruchteil der gebauten Wohnungen ist belegt.

Gedacht war der Ort für rund 30.000 Personen, doch nur 2000 bis 3000 Menschen leben derzeit dort, schätzen Einwohner. Es können aber auch viel weniger sein - so genau weiß es keiner. Zu selten ist jemand in Valdeluz zu sehen.

Nach den ursprünglichen Plänen hätte hier ein Häusermeer stehen sollen. Gereicht hat das Geld am Ende nur für Bäume und Laternen.

Die Straßen sind aber schon da. Wer gerne einmal selbst auf Valdeluz' Straßen fahren will, kann dies mithilfe von Google Streetview unter den Koordinaten 40.591944,-3.109444 machen.

Weitere Bauarbeiten wurden nach Ausbruch der Krise 2008 einfach eingestellt. Davon zeugen die aufgeplatzten Zementsäcke ebenso ....

.... wie Baugeräte, die sinnlos baumeln ....

.... oder tapfer vor sich hinrosten.

Zuweilen wirkt es, als seien die Bauarbeiter geflohen.

Manche finden die Rohbauten aber sogar gut:

Filmemacher etwa schätzen die städtische Leere als Kulisse.

Ein Swimmingpool? Bedingt. Das schimmernde Blau sind Deckfolien, die Wasser simulieren.

Verkaufsangebote wie diese hängen an vielen Häusern. Angaben der Einwohner widerspechen dem.

Eine Familie berichtet, sie versuche seit Langem, eine weitere Wohnung in Valdeluz zu kaufen. Doch es gebe praktisch kein Angebot.

Wenn aber die meisten Wohnungen längst verkauft sind, warum stehen dann so viele leer?

Die Bewohner wissen es selbst nicht. Doch die Folgen sind unübersehbar: Geschäftemachen in Valdeluz ist schwer.

Trotz oder gerade wegen der Stille - viele Bewohner mögen ihren Ort, der formal unter Verwaltung der Gemeinde Yebes steht.

Zum Beispiel, weil es diesen Golfplatz gibt, von dem einige in dem Ort behaupten, dass er der zweitgrößte in Europa sei.

Das Graffito auf der Wand zitiert einen Werbespruch einer spanischen Lotterie, deren Lose oft von Blinden verkauft werden: "Jeden Tag treffen sich deine Träume mit unseren."

Die Bahnhofstation, die zwar Guadalajara-Yebes heißt, aber natürlich Valdeluz genannt wird. Dort hält der Schnellzug nach Madrid. Oft befinden sich in der Halle allerdings nur zwei Menschen: derjenige, der die Fahrkarten verkauft - und der Sicherheitsbeamte, der das Gepäck durchleuchtet.

Nicht einmal eine halbe Stunde braucht der Hochgeschwindigkeitszug in die Innenstadt von Madrid. Etwas weiter ist es ans andere Ende der Zugstrecke: Barcelona. Dorthin braucht der Zug zweieinhalb Stunden. Die Bahn lässt ihn allerdings nur selten in Valdeluz halten, ...

.... es steigt so selten jemand ein.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1698469
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/hgn
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.