Süddeutsche Zeitung

Führung der Bahn-Konzernteile:Sturm am Gipfel

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Ursprünglich sollte Mehdorns Macht auch beim Börsengang unangetastet bleiben. Doch kaum ist der Bahnchef am Ziel, schon wird er demontiert.

Michael Bauchmüller

Gemessen an der Zahl seiner Feinde ist es ein Wunder, dass Hartmut Mehdorn dem Gipfel überhaupt so nahe gekommen ist. Sein großes Projekt, der Börsengang der Bahn, schien noch im April so gut wie tot.

Dann brachte SPD-Chef Kurt Beck seine Partei doch noch auf Privatisierungskurs, und hopplahopp soll die Bahn nun an die Börse; wenn alles glattläuft, in diesem Herbst.

Der zähe, oft poltrige Bahnchef hatte daran keinen geringen Anteil. Vor allem, weil er zuletzt beharrlich schwieg - und die Zahl seiner Feinde nicht unnötig erhöhte.

Gut möglich, dass sich das Blatt nun wendet. Ursprünglich sollte Mehdorns Macht auch beim Börsengang unangetastet bleiben. Der Manager sollte nicht nur Chef des Bahn-Mutterkonzerns bleiben, sondern auch der neuen, teilweise privaten Transporttochter vorstehen.

Vor allem die Gewerkschaften hatten darauf gedrungen, aus Angst vor einer Trennung der Konzernteile. Mehdorn, der nur ungern Macht abgibt, war es recht. Jetzt aber rühren sich Widerstände.

Das Doppelmandat, fordert etwa das Verkehrsministerium, müsse schon im nächsten Jahr enden. Mehdorn wäre dann nicht einmal ein Jahr doppelte Spitze gewesen.

Wie das gehen kann, beriet jüngst das Präsidium des Aufsichtsrates. Bahn-Oberaufseher Werner Müller hatte einen Vorschlag unterbreitet. Demnach soll Mehdorn im Frühjahr 2009 die Führung der neuen Transport-Tochter DB Mobility Logistics abgeben und stattdessen den Aufsichtsratsvorsitz der Tochter übernehmen.

Chef des Mutterkonzerns bliebe er auch. Die Lösung, so hieß es am Montag im Verkehrsministerium, sei im Sinne von Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD), um dessen Verhältnis zu Mehdorn es zuletzt nicht zum Besten bestellt war. Nun muss sich die Bundesregierung überlegen, wie sie mit der Causa Mehdorn umgehen will.

Der Bund kann über den Aufsichtsrat die Weichen stellen. Allerdings hatte die Kanzlerin Mehdorn zuletzt demonstrativ den Rücken gestärkt. Und auch das Finanzministerium dürfte nicht allzu begeistert sein. Schließlich könnte eine vorzeitige Ablösung Mehdorns den Erlös des Börsenganges schmälern.

Eigentlich hätte der Vertrag von Mehdorn, 65, diesen Mai enden sollen. Im vergangenen Jahr war er bis 2011 verlängert worden - des Börsengangs wegen. Selbst in Bahnkreisen heißt es nun, die Doppelfunktion müsse Mehdorn nicht bis zum letzten Arbeitstag behalten.

Wann genau dieser letzte Arbeitstag sein wird, weiß ohnehin niemand. Es wäre ungewöhnlich, wenn Mehdorn die Entscheidung anderen überließe.

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SZ vom 20.05.2008/jkr
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