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Frankreich:Supermärkte wollen Lebensmittel spenden statt wegwerfen

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Frankreichs Supermarktketten haben sich verpflichtet, Lebensmittelverschwendung einzudämmen. Die Handelskonzerne unterzeichneten im Umweltministerium in Paris eine entsprechende Vereinbarung. Sie dürfen demnach nicht verkaufte Lebensmittel nicht wegwerfen, sondern müssen sie an Hilfsorganisationen spenden.

Wenn die Lebensmittel für den Verzehr nicht mehr geeignet sind, sollen sie zu Tierfutter oder Biogas verarbeitet werden. Die Supermarktketten verpflichten sich zudem, noch essbare Ware nicht zu zerstören.

Die Maßnahmen waren eigentlich Teil des Ende Juli verabschiedeten Energiewendegesetzes der Umweltministerin Ségolène Royal. Der Verfassungsrat strich aber wegen Verfahrensfehlern im Gesetzgebungsprozess den Artikel zum Kampf gegen Lebensmittelverschwendung. Royal kündigte daraufhin an, auf eine freiwillige Selbstverpflichtung der Supermarktketten durchzusetzen. Einige Konzerne spenden bereits jetzt Tausende Tonnen Lebensmittel, die aus den Regalen genommen werden, weil das Verfallsdatum bald abläuft.

Chlorbleiche über Essen gekippt?

Bis zuletzt sah es nicht so aus, als könnten sich Royal und die Chefs der Handelsketten auf eine Vereinbarung einigen. Sie lieferten sich öffentliche Auseinandersetzungen: Royal warf den Konzernen vor, Chlorbleiche über weggeworfene Lebensmittel zu schütten. So würden sie verhindern, dass etwa Obdachlose Mülltonnen nach Essbarem durchsuchen.

Die Chefs mehrerer Supermarktketten wiesen diese Vorwürfe zurück. Sie betonten, ohnehin schon die meisten der ursprünglich im Gesetz vorgesehenen Maßnahmen umzusetzen.

Nachdem die Supermarktketten die Vereinbarung unterschrieben hatten, sagte Royal: "Wir sind aus einer recht angespannten Stimmung zu einer Übereinkunft gekommen." Die Konzerne hätten verstanden, dass es in ihrem Interesse sei, sich freiwillig zu verpflichten. "Sie haben es mit gutem Willen getan."

Ist die Selbstverpflichtung eine Farce?

Der konservative Oppositionsabgeordnete Arash Derambarsh bezweifelt die Wirksamkeit einer Selbstverpflichtung. Zwei Drittel der großen Supermärkte würden von Subunternehmern betrieben. Selbst wenn sich die Chefs zu etwas verpflichten, entscheide letztlich der Filialleiter. Nur ein Gesetz könne gegen Lebensmittelverschwendung helfen.

Zudem gibt es Zweifel, ob die Supermarktketten wirklich in einem großen Maße die Verschwendung eindämmen können. In Frankreich stammen nur fünf Prozent der Lebensmittelabfälle von den großen Handelsketten. In Deutschland sind es laut Umweltorganisation WWF 14 Prozent. Daher fordert die Umweltorganisation, dass nicht nur der Handel sein Verhalten ändert, sondern auch die Verarbeitung, die Gastronomie und die Landwirtschaft mitziehen.

Ein Franzose wirft durchschnittlich 20 bis 30 Kilogramm Essbares im Jahr weg. Das entspricht Lebensmitteln im Wert von 12 bis 20 Milliarden Euro. In Deutschland landen jährlich mehr als 18 Millionen Tonnen Essen im Müll, schätzt der WWF.

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SZ/AFP
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