Süddeutsche Zeitung

Fosum:Schmutzige Schlacht um Banken

Lesezeit: 3 min

Der chinesische Investor will die beiden Finanzinstitute BHF und Hauck & Aufhäuser übernehmen - das macht vielen Angst.

Von Harald Freiberger

MünchenAlles könnte so schön sein für "Lenny" Fischer, das Wunderkind. Erstmals seit Jahren meldete seine Finanzgruppe BHF Kleinwort Benson am Donnerstag schwarze Zahlen. Der operative Gewinn lag im ersten Halbjahr bei acht Millionen Euro; ein Jahr zuvor hatte es noch 16 Millionen Euro Verlust gegeben. Maßgeblich verantwortlich für die Wende ist das Kernstück des Konzerns, die BHF-Bank. Nach Jahren der Irrungen und Wirrungen scheint sie endlich auf einem guten Weg. Doch am Horizont droht schon neues Unheil, das die Bank um Jahre zurückwerfen könnte.

Die chinesische Investmentgesellschaft Fosun, die knapp 20 Prozent an der BHF-Gruppe hält, hat vor Wochen angekündigt, die Mehrheit übernehmen zu wollen - und zwar feindlich. Im Hintergrund tobt ein schmutziger Kampf mit den anderen Eigentümern. Dabei geht es zunächst darum, wer künftig bei der BHF-Bank das Sagen hat. In Wirklichkeit aber geht es um viel mehr: Um die Frage, wie es der Finanzstandort Deutschland mit den Chinesen hält. Und umgekehrt. Es ist eine Frage, bei der viele Ängste mitschwingen.

Der Chef gilt als "Warren Buffett Chinas" und soll ein Vermögen von acht Milliarden Euro besitzen

Leonhard ("Lenny") Fischer war einst ein Star-Investmentbanker bei der Dresdner Bank, er war Chef der Schweizer Versicherung Winterthur, seit 2007 baut er rund um die frühere Dresdner-Sparte Kleinwort Benson einen eigenen Finanzkonzern auf. Nach langem Hängen und Würgen klappte 2014 endlich die Übernahme der BHF-Bank von der Deutschen Bank. Sie ist Vermögensverwalter großer Mittelständler und reicher Privatleute mit 44 Milliarden Euro angelegtem Geld. Um die Übernahme zu finanzieren, holte Fischer den BMW-Erben Stefan Quandt und den französischen Privatbankier Philippe Oddo an Bord, weitere große Anteile halten die Fondsgesellschaften Blackrock und Templeton. Gekrönt wurde alles durch den chinesischen Investor Fosun, der das größte Paket übernahm.

Fosun-Chef Guo Guangchang, 46, gründete seine Beteiligungsgesellschaft in den 1990er-Jahren. Zuletzt startete er in der westlichen Welt eine Übernahme nach der anderen, manchmal wird Guo schon "der chinesische Warren Buffett" genannt. Sein Vermögen liegt bei geschätzten acht Milliarden Euro. Fosun ist unter anderem am Touristikkonzern Club Med beteiligt, an der Modekette Tom Taylor und am portugiesischen Versicherer Fidelidade.

Am Anfang herrschte zwischen Lenny Fischer und Guo eitel Sonnenschein, doch bald zogen dunkle Wolken auf. Zum großen Krach kam es im Juni dieses Jahres, als Björn Robens, der Chef der BHF-Bank, Knall auf Fall entlassen wurde. Er galt als Vertrauter von Guo. Die anderen Eigentümer der BHF-Gruppe warfen ihm vor, mit Fosun zu mauscheln. Anlass war ein Brief, den Robens auf Privatpapier geschrieben hatte; er sicherte damit Fosun Garantien in Millionen-Höhe durch die BHF-Bank zu für das Vorhaben, das Münchner Modeunternehmen Bogner zu kaufen. Weder Vorstand noch Aufsichtsrat der BHF-Bank waren darüber informiert - ein Affront.

Guo protestierte lautstark und öffentlich gegen die Entlassung von Robens - auch das sehr unüblich in der westlichen Finanzwelt, wo Konflikte sonst hinter verschlossenen Türen ausgetragen werden.

Ein paar Wochen danach, Anfang Juli, sorgte Fosun erneut für Aufsehen: mit der Übernahme von Hauck & Aufhäuser, einer anderen traditionsreichen deutschen Privatbank. Sie ist deutlich kleiner als die BHF-Bank und hat vor allem reiche Unternehmerfamilien als Kunden. Die Übernahme muss noch von der deutschen Finanzaufsicht Bafin genehmigt werden. Spätestens in diesem Moment war klar, dass es Fosun ernst meint mit dem Einstieg in die deutsche Finanzwelt.

Wieder wenige Wochen später landete Guo den nächsten Coup, der wie eine Rache an den anderen BHF-Eigentümern wirkte: Er machte ihnen ein Übernahmeangebot von 5,10 Euro pro Aktie, das derzeit von der belgischen Aufsicht geprüft wird, da die Gesellschaft dort ihren Sitz hat. Offiziell äußert sich niemand dazu, doch hinter den Kulissen läuft nun ein harter Abwehrkampf. Lenny Fischer sorgt sich darum, dass ihm die Chinesen sein Lebenswerk aus den Händen reißen. Wie die anderen Eigentümer zu dem Angebot stehen, ist nicht ganz klar. Von der einen Seite heißt es, es gebe eine klare Front gegen Fosun, die andere Seite scheint kompromissbereit: Wenn der Preis stimme, würden die Eigentümer wohl verkaufen. Auch gab es schon Gerüchte, dass der französische Bankier Oddo, der 15 Prozent der Anteile hält, dabei sei, eine Mehrheit gegen Fosun zu organisieren. Die Lage ist unübersichtlich, der Krieg könnte sich noch über Monate hinziehen, Kunden verschrecken und die BHF-Bank lähmen.

"Wir haben bisher keine materiellen Abflüsse gesehen", sagte Martha Böckenfeld, die Finanzchefin von BHF Kleinwort Benson am Donnerstag. Ob sich Kunden von den Querelen abschrecken ließen, darauf wollte sie nicht eingehen. Auch bei Hauck & Aufhäuser gab es schon Gerüchte, dass wichtige Kunden wegen der Aussicht auf einen chinesischen Eigentümer das Haus verlassen haben. Die Bank weist das zurück, es gebe keine Abflüsse über das normale Maß hinaus. Es ist ein sensibles Thema für deutsche Mittelständler, wenn Chinesen Einblick in ihre Kreditbücher bekommen. Fosun wirbt im Gegenzug damit, dem deutschen Mittelstand die Tür nach China zu öffnen und umgekehrt die deutschen Banken für chinesische Investoren.

Die Gegenseite streut Befürchtungen, dass es bei Hauck & Aufhäuser und der BHF-Bank so laufen könnte wie beim portugiesischen Versicherer Fidelidade, bei dem Fosun für eine Milliarde Euro einstieg. Einen deutlich höheren Betrag holte Fosun aber aus der Beteiligung wieder heraus, um die Übernahme anderer Unternehmen zu finanzieren; so kaufte Fidelidade eine Milliarden-Anleihe von Fosun. Und dann tauchten auch noch Korruptionsvorwürfe gegen Guo beim Erwerb von zwei Immobilien in China auf. Alles ziemlich schmutzig, ein Ende ist nicht in Sicht.

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SZ vom 28.08.2015
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