Süddeutsche Zeitung

Foodwatch gegen Netto:"Nie war so wenig Fleisch im Hack"

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Billighack, gestreckt mit Wasser und Mehl: Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch wirft Netto Lebensmittel-Panscherei und Etikettenschwindel vor. Denn verkauft wird das Produkt als teure Low-Fat-Variante für gesundheitsbewusste Kunden.

Fabian Uebbing

Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch wirft dem Discounter Netto, einer Edeka-Tochter, Etikettenschwindel vor: Netto habe Hackfleisch als fettreduziert verkauft. Tatsächlich strecke der Discounter fettreiches Hackfleisch aber mit "einer Pampe aus Wasser, Weizeneiweiß und Mehl" und biete das Produkt dann als Hack mit 30 Prozent weniger Fett für gesundheitsbewusste Kunden an, teilte Foodwatch am Donnerstag in Berlin mit. Dafür verlange Netto auch noch einen vergleichsweise hohen Preis.

Netto wies die Vorwürfe zurück. Der Artikel aus der Serie "Viva Vital" sei wie deklariert eine "Zubereitung aus Hackfleisch gemischt mit zubereitetem pflanzlichen Eiweiß" und kein reines Hackfleisch. Für die Mischung werde herkömmliches Hackfleisch "mit wertvollem pflanzlichen Eiweiß in Form von Weizenprotein kombiniert". Das Produkt habe einen geringeren Fett- und Cholesterinanteil als Hackfleisch, erklärte das Unternehmen. Es sei für Kunden, "die sich bewusster und ausgewogener ernähren wollen, ohne jedoch auf den Geschmack und die Eigenschaften von herkömmlichem Hackfleisch zu verzichten".

Die Aussage "30 Prozent weniger Fett" beziehe sich auf den Vergleich mit Hackfleisch aus der Netto-Selbstbedienungstheke. Mit frischem Hackfleisch von der Theke oder gar vom Metzger will der Discounter sein Hack nicht vergleichen: Der Fettanteil von Hackfleisch aus Bedientheken schwanke und sei daher für einen Vergleich nicht geeignet, teilte Netto mit.

Die "fleischähnliche Farbe" entsteht durch Rote-Beete-Saft und Paprikaextrakt

Foodwatch kritisierte, Netto verwende das meist billigere und fettreichere Fleisch bereits für ein anderes, günstigeres Produkt - das sei mit rund vier Euro je Kilo jedoch billiger als das gestreckte Produkt zum Kilopreis von rund 5,50 Euro. Das teurere Produkt bestehe jedoch aus 30 Prozent weniger Fleisch, dessen Anteil durch "gefärbtes, schnittfest gemachtes Wasser" ersetzt werde.

Seine "fleischähnliche Farbe" entstehe durch die Verwendung von Rote-Beete-Saft und Paprikaextrakt. "Nie war so wenig Fleisch im Hack, nie war schnittfestes Wasser so teuer", sagte Foodwatch-Sprecher Oliver Huizinga. Dies sei ein tiefer Griff in die "Trickkiste der Lebensmitteltechnologie", um einer "Fleisch-Wasser-Weizen-Pampe möglichst viel Hackfleisch-Feeling" zu verleihen. Die Möglichkeiten, sich davor durch bewussteres Einkaufen zu schützen, hält Foodwatch für eher begrenzt. Konsumenten seien keine Zutatendetektive.

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Quelle:
SZ vom 09.03.2012
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