Süddeutsche Zeitung

Fluggesellschaft:Tuifly streicht wegen Massen-Krankmeldungen alle Flüge

Lesezeit: 1 min

Von Jens Flottau, Frankfurt

Die Ferienfluggesellschaft Tuifly hat für diesen Freitag alle 108 geplanten Flüge abgesagt. Grund dafür sind massenhafte Krankmeldungen der Piloten und Flugbegleiter. Dem Touristikkonzern Tui zufolge ist auch in den nächsten Tagen mit Ausfällen zu rechnen. Tui wollte Flugzeuge anderer Airlines kurzfristig chartern, um wenigstens einige Verbindungen durchführen zu können.

Die Krankmeldungen stehen offenbar in Zusammenhang mit den Plänen, Tuifly mit Teilen der Air Berlin zusammenzulegen und nach Österreich zu verlegen. Mitarbeitervertreter lehnen das ab, weil sie befürchten, dass dadurch Jobs verloren gehen und sich Arbeitsbedingungen verschlechtern. In mehreren Treffen hatten sie die Geschäftsführung aufgefordert, die Pläne aufzugeben und Alternativen zu erwägen. Offizielle Streiks wegen des möglichen Verkaufs sind nicht erlaubt, die Flugbegleitergewerkschaft Ufo lehnte jede Verantwortung für die Ausfälle ab. Man rufe nicht zum wilden Streik auf: "Das ist definitiv kein Mittel des Arbeitskampfes für uns," so Ufo-Vorstand Nicoley Baublies.

Die Ausfälle bei Tuifly haben dramatische Folgen für die sowieso schon schwer angeschlagene Air Berlin, denn 14 Tuifly-Maschinen sind derzeit mitsamt Besatzungen an diese vermietet. Air Berlin musste bereits am Mittwoch 30 und am Donnerstag 60 Flüge absagen, Tuifly hat aber schon am Donnerstag keinen einzigen Flug für die Partnergesellschaft durchführen. Air Berlin einigte sich kurzfristig mit den eigenen Mitarbeitern im Rahmen eines Notfallplanes auf Mehrarbeit. Ihr größter Anteilseigner Etihad Airways sowie Partner im Etihad-Verbund stellten kurzfristig Flugzeuge ab.

Ursache der Umwälzungen ist die existenzielle Krise von Air Berlin: Die Fluggesellschaft will die unter der eigenen Marke eingesetzte Flotte von derzeit rund 140 auf 75 Maschinen halbieren, 40 Maschinen mit Crews an Lufthansa vermieten und weitere 35 in die neue Airline einbringen, an der sich sowohl ihre Mutter Etihad als auch Tui beteiligen sollen. Keines der Vorhaben ist schon formal beschlossen.

Die von Flugausfällen betroffenen Passagiere haben nach Ansicht eines Fluggastrechtlers Anspruch auf Entschädigung. "Wenn die Airlines sich bei krankheitsbedingten Personalausfällen auf höhere Gewalt berufen, ist das aus rechtlicher Perspektive schlichtweg falsch und ein Versuch, Entschädigungszahlungen nicht leisten zu müssen", sagte Philipp Kadelbach, Mitgründer und Geschäftsführer des Flugrechtsportals Flightright.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3194550
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 07.10.2016
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.