Süddeutsche Zeitung

Finanzen:"Eine bittere Pille nach der anderen"

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Die Aktionäre der Commerzbank begrüßen das Aus einer Fusion mit der Deutschen Bank. Gleichwohl wollen sie wissen, wie es mit der zweitgrößten deutschen Privatbank weitergeht.

Von Meike Schreiber, Wiesbaden

Bei der Commerzbank stehen die Zeichen nicht mehr wirklich auf Wachstum. Zum ersten Mal lud die zweitgrößte deutsche Privatbank ihre Aktionäre am Mittwoch in ein Kongresszentrum in Wiesbaden zur Hauptversammlung - weitab vom Konzernsitz in Frankfurt. Die Messehalle in Frankfurt war schlichtweg zu groß geworden für die nur noch 1500 Aktionäre, die sich zu dem Treffen angemeldet haben. Zu Hochzeiten hatte das Kreditinstitut noch rund 4000 Anteilseigner angelockt. Seit die Commerzbank vergangenes Jahr aus dem Dax in den MDax, den Aktienindex mittelgroßer Unternehmen, abgestiegen ist, hat das Interesse der Investoren an der Bank abgenommen. Große Fonds und Profianleger melden sich dort traditionell schon gar nicht zu Wort. An der Bedeutung des Instituts für die Realwirtschaft habe sich freilich nichts geändert, sagte Commerzbank-Chef Martin Zielke.

Und natürlich wollten nun trotzdem viele Anteilseigner wissen, wie es nach der gescheiterten Fusion mit der Deutschen Bank mit dem Kreditinstitut weitergeht, das seit der Finanzkrise immer noch zu fünfzehn Prozent in Händen des Staates liegt. Der Aktienkurs der Bank hat sich in den vergangenen fünf Jahren halbiert, ein Zwischenhoch nach den Fusionsgesprächen mit der Deutschen Bank und diversen anderen Übernahmespekulationen ist zuletzt wieder einmal in sich zusammengefallen. Schon seit Jahren kämpft die Commerzbank mit sinkenden Erträgen und niedriger Rendite. Sein für 2020 ausgegebene Mittelfristziel musste Zielke in den vergangenen Monaten kippen.

Aktionärsvertreter Wolfgang Aleff begrüßte daher wie andere Aktionäre das Aus der Gespräche mit der Deutschen Bank und mahnte Zielke und seinen Aufsichtsratschef Stefan Schmittmann, keinen weiteren Anlauf für eine Fusion mit einer anderen Bank zu wagen. "Wir haben in den vergangenen zehn Jahren eine bittere Pille nach der anderen schlucken müssen. Die Früchte dieser Rosskur möchten wir natürlich selbst ernten". Mit der Dividendenzahlung von zwanzig Cent je Aktie, erst die zweite Ausschüttung seit der Rettung der Bank durch den Staat in der Finanzkrise, sei schon als Verbesserung zu sehen.

Nicht jeder Aktionär aber würde wohl eine Übernahme ablehnen - abhängig vom Kurs natürlich, zu dem die Anteilseigner die Papiere gekauft haben. Schließlich müsste ein Übernehmer auf den aktuellen Aktienkurs einen Aufschlag von mindestens zwanzig bis dreißig Prozent bezahlen, sollte das Ganze überhaupt von Erfolg gekrönt sein. Ob es dazu kommt, ist nach wie vor ungewiss. Zuletzt gab es Berichte, die italienische Unicredit und die holländische ING spielten mit dem Gedanken, ein Gebot für die Commerzbank abzugeben. Zielke dämpfe indes entsprechende Spekulationen über eine mögliche Fusion mit der ING. Er habe Ralph Hamers, den Chef der niederländischen Großbank, in den vergangenen zwölf Monaten zwei Mal getroffen. "Um das klar zu sagen: Es hat keine konkreten Angebote zur Aufnahme von Verhandlungen über einen Zusammenschluss gegeben", sagte Zielke, woraufhin der Aktienkurs um mehr als zwei Prozent ins Minus rutschte. Die Commerzbank sei stark genug, um alleine zu bestehen.

Gleichwohl will sich Zielke alle Optionen offenhalten. Das Institut prüfe Möglichkeiten für Wachstum aus eigener Kraft aber auch durch Fusionen und Zukäufe. Neues dazu gibt es aber erst im September, dann will die Commerzbank ihre Planungen präsentieren. Das Ergebnis der Hauptversammlung gab Zielke Rückendeckung. Vorstand und Aufsichtsrat wurden mit 99,8 Prozent beziehungsweise 99,2 Prozent entlastet.

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SZ vom 23.05.2019
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