Süddeutsche Zeitung

Energiekosten:Strom aufwärts

Lesezeit: 2 min

Steuern und EEG-Umlage lassen die Energiekosten in Deutschland seit Jahren steigen. Mit den neuen Stromtrassen kommen weitere Kosten.

Von Jan Schmidbauer, München

In Süddeutschland gehen nach und nach Atomkraftwerke vom Netz. Im Norden drehen sich die Windräder. Kurz gesagt: Der Strom aus dem Norden muss in den Süden. Dafür sind die geplanten Trassen Südlink und Südost-Passage vorgesehen. Allerdings steigen damit auch die Kosten für den Verbraucher.

Das Kabinett hat nun entschieden, dass diese Leitungen zum großen Teil unterirdisch verlegt werden sollen. Gegen die als "Monstertrassen" bezeichneten Masten hatte es Bürgerproteste und starken Druck von der bayerischen Landesregierung gegeben. Nun scheint mit der Erdverkabelung eine Lösung gefunden zu sein. Erdkabel zu verlegen kostet allerdings deutlich mehr als der Bau herkömmlicher Strommasten. Dem Wirtschaftsministerium zufolge sollen die Mehrkosten zwischen drei und acht Milliarden Euro liegen. Verbraucher und Industrie müssten diese über höhere Netzentgelte bezahlen.

Ohnehin ist der Strom in den vergangenen zehn Jahren deutlich teurer geworden. Zwar gab es zuletzt einen minimalen Rückgang. Doch mit spürbar sinkenden Preisen ist in nächster Zeit eher nicht zu rechnen. Der Strompreis setzt sich, vereinfacht gesagt, aus drei Komponenten zusammen: den Vertriebskosten der Anbieter, den Netzentgelten sowie den Steuern und Umlagen. So sind es vor allem Letztere, die den Strom in der Vergangenheit teurer gemacht haben (Grafik).

Dies hat insbesondere mit dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zu tun. Es garantiert den Betreibern von Solaranlagen und Windrädern eine Vergütung über die EEG-Umlage. Sie soll die Kostennachteile der Erneuerbaren gegenüber konventionellen Kraftwerken ausgleichen. Die Betreiber bekommen deshalb für jede produzierte Kilowattstunde eine feste Vergütung. Sie ist unabhängig davon, was der Strom an der Börse wert ist. Dieser Mechanismus führte in der Vergangenheit zu einer paradoxen Situation. Fiel der Strompreis an der Börse, stiegen die Preise für den Verbraucher. Denn über die Umlage finanzieren die Stromkunden die Differenz zwischen dem Marktpreis und der Vergütung des grünen Stroms. Und weil jedes Jahr neue Anlagen dazukamen, wurde diese Lücke immer größer. 2006 lag die EEG-Umlage bei weniger als einem Cent pro Kilowattstunde. Heute müssen Verbraucher 6,2 Cent dafür zahlen - mehr als ein Fünftel des Strompreises. Rabatte gibt es nur für Teile der Industrie. Experten gehen davon aus, dass die EEG-Umlage auch im nächsten Jahr leicht steigen könnte.

An den höheren Strompreisen verdient auch der Staat mit. Er kassiert darauf den regulären Mehrwertsteuersatz. Steigt der Preis, steigt also auch die anteilige Mehrwertsteuer. Udo Sieverding von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen sieht dennoch Spielraum für günstigere Strompreise. Und zwar bei den Vertriebskosten. Diese können von den Anbietern beeinflusst werden. Die Energieversorger finanzieren damit ihre Marge, die Kosten fürs Marketing und die Kosten für den Einkauf der Energie. Der Verbraucherschützer kritisiert, dass die Anbieter ihre Preise nicht senken würden, obwohl die Einkaufspreise gefallen sind. "Das muss endlich beim Verbraucher ankommen", sagt Sieverding. Er könne zwar nachvollziehen, dass die Energieversorger wegen der sinkenden Börsenpreise Verluste mit ihren Kraftwerken ausgleichen wollen. Aber es könne nicht sein, "dass kleine Stadtwerke, die gar keine Kraftwerke haben, sich in diesen Windschatten begeben".

Die Kritik richtet sich vor allem gegen die Grundversorger. Das sind die Anbieter, die in ihrem Netzgebiet die meisten Kunden haben. Wer seinen Anbieter noch nie gewechselt hat, ist in der Regel im Basis- Tarif dieses Versorgers. Das hat seinen Preis. Die Grundversorgung ist meist deutlich teurer. Weniger zahlen die Verbraucher in den Sondertarifen, bei denen es Rabatte oder Bonuszahlungen gibt. Wer wechselt, kann also viel Geld sparen. "Es gibt nur ein Problem", sagt Sieverding, "eine gewisse Trägheit der Verbraucher".

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2686825
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 12.10.2015
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.