Süddeutsche Zeitung

Emirates:In der Warteschleife

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Luftfahrtmanager Christoph Müller, Ex-Chef von Malaysia Airlines, könnte bei Emirates an die Spitze aufsteigen. Dafür wechselt er jetzt erst einmal in die zweite Reihe und arbeitet Emirates-Chef Tim Clark zu. Vielleicht wird er den 66-Jährigen irgendwann ersetzen.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Kaum hatte Christoph Müller vor Monaten als Chef von Malaysia Airlines "aus persönlichen Gründen" gekündigt, wurden ihm die ersten neuen Jobs nachgesagt. Macht er Qantas (in Australien)? Oder Etihad? Oder tut er sich doch Air Berlin an, wo es allerdings gerade keinen Posten gibt?

Der 54-jährige Müller, einer der prominentesten deutschen Luftfahrtmanager, hat sich gegen alle anderen Optionen entschieden und tritt nun erst einmal in die zweite Reihe zurück. Am 20. September fängt er bei Emirates in Dubai als sogenannter Chief Digital and Innovation Officer an. Die Position wurde eigens für ihn erfunden.

Dass sich Müller mit einem Posten unterhalb des Vorstandschefs zufrieden gibt, ist auf den ersten Blick überraschend. Andererseits handelt es sich bei Emirates mittlerweile um die größte internationale Fluggesellschaft der Welt. Und wenn sich Müller in nächster Zeit gut macht, dann kann man davon ausgehen, dass diese mittelfristig von einem deutschen Manager geleitet wird. Denn Emirates muss langsam die Frage beantworten, wer den langjährigen, aber nun 66 Jahre alten Airline-Chef Tim Clark einmal ersetzen soll.

Noch ist unklar, wer den 66-jährigen Chef ersetzen soll

Emirates spielt längst in einer eigenen Liga und ist auch für Managementstars der Branche eine große Nummer. Die Fluggesellschaft wurde erst 1985 gegründet, hat aber seither einen beispiellosen Aufstieg hingelegt. Das Geschäftsmodell zielt darauf ab, Langstrecken mit Langstrecken über Dubai zu verbinden. Emirates hat dafür 142 Airbus A380 bestellt und fliegt derzeit 82 der riesigen Jets. Keine andere Airline hat es verstanden, eine auch nur annähernd so große A380-Flotte zu betreiben. Lufthansa betrachtet Emirates als die größte Bedrohung, weil sie aus ihrer Sicht bislang lukrative Langstrecken in Asien untergräbt.

Müller, einst Netz- und Planungschef der Lufthansa, hat sich einen Namen gemacht als Mann für schwierige Fälle. Er hat die irische Aer Lingus so umgebaut, dass sie für die International Airlines Group (British Airways, Iberia) zum Übernahmeziel geworden ist. Und er hat Malaysia Airlines in kürzester Zeit vom hochgradig defizitären Langstreckenanbieter in einen deutlich konkurrenzfähigeren Spezialisten für Südostasien gewandelt. Dass er dort nach nur einem Jahr wieder gehen wollte, hängt wohl auch damit zusammen, dass er beim Aufräumen einigen zu sehr auf die Füße getreten ist, die bislang von großer Nähe zur Staats-Airline profitiert haben. Jedenfalls sagen das Leute, die sich in Kuala Lumpur ein bisschen auskennen und die glauben, Müller sei die Sache ein bisschen zu brenzlig geworden.

Inwieweit er schon jetzt zumindest informell eine Zusage hat, Clark zu beerben, ist ein Geheimnis. Angeblich hat er eine klare Perspektive verlangt, bevor er bei Emirates unterschrieben hat. Aber zu sicher sollte er sich wohl nicht sein. Schon andere haben auf den Clark-Posten spekuliert: Auch Thierry Antinori, 55, Ex-Verkaufsvorstand der Lufthansa, hat sich angeblich Hoffnungen auf die Nachfolge gemacht, als er 2011 in gleicher Funktion nach Dubai wechselte. Spätestens die Ernennung Müllers dürfte Antinori deutlich machen, dass er für den Posten an der Spitze nicht mehr in Erwägung gezogen wird.

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SZ vom 08.09.2016
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