Süddeutsche Zeitung

Europäische Union:Kein Geld für Kernkraft und Kohle

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Das Ökosiegel der EU, bekannt von Toilettenpapier und Waschmitteln, soll demnächst auch Fonds auszeichnen. Der Kommission schweben harte Kriterien vor. Daran regt sich schon Kritik.

Von Björn Finke, Brüssel

Von Toilettenpapier bis Hotelübernachtungen: Gut 75 000 Güter und Dienstleistungen können mit dem EU-Ecolabel für sich werben, dem europäischen Umweltzeichen. Künftig sollen auch Investmentfonds und fondsbasierte Lebensversicherungen mit diesem Abzeichen ihre Umweltfreundlichkeit belegen können. Das kündigte die EU-Kommission schon vor drei Jahren in einem Aktionsplan zu nachhaltigen Investments an. Die Brüsseler Behörde arbeitet weiter an den Details ihres Vorschlags, doch ein Entwurf zeigt bereits, wie ehrgeizig die Regelung werden soll.

Dieser Entwurf des Rechtsakts liegt der Süddeutschen Zeitung vor - inklusive 26-seitigem Anhang, der die Kriterien erläutert, wann ein Anlageprodukt das Ecolabel bekommen soll. Will ein Fonds mit dem Abzeichen werben, muss ein Großteil seiner Aktien oder Anleihen umweltfreundlichen Zielen dienen, also von Unternehmen stammen, die nachhaltig wirtschaften. Welche Aktivitäten nachhaltig sind, bestimmt eine grüne Liste, ein Klassifikationssystem, auf dessen Grundzüge sich Mitgliedstaaten und EU-Parlament schon Ende 2019 einigten.

Zugleich schreibt der Anhang fest, welche Wertpapiere sich keinesfalls in einem Ecolabel-Fonds finden dürfen. Tabu sind demnach Aktien oder Anleihen von Firmen, die mehr als fünf Prozent ihres Umsatzes mit umwelt- oder klimaschädlichen Tätigkeiten verdienen. Hier zählt der Anhang die Kernenergie, die Förderung von Öl, Kohle und Gas oder die Herstellung von Autos mit Verbrennungsmotor auf. Solche Autokonzerne finden bloß dann Gnade, wenn sie sich dazu verpflichtet haben, bis 2030 dem Verbrenner Ade zu sagen. Anleihen von Banken können die Fonds nur halten, wenn die Geldhäuser garantieren, von 2025 an keine Kohle-, Öl- und Gasprojekte mehr zu finanzieren. Für Staatsanleihen gilt, dass die Regierung das Pariser Klimaschutzabkommen unterstützen muss.

Im EU-Parlament geht der Entwurf manchem zu weit. So klagt der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber, die Kommission "scheint in bester planwirtschaftlicher Manier die Welt in Gut und Böse eingeteilt zu haben". Wer zur falschen Kategorie gehöre, dem "soll schlichtweg der Geldhahn abgedreht werden", sagt der wirtschaftspolitische Sprecher der christdemokratischen EVP-Fraktion.

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