Süddeutsche Zeitung

Deutsche Bank:Chefs, die sich in Schweigen hüllen

Lesezeit: 3 min

Von Andrea Rexer, Frankfurt

Jürgen Fitschen und Anshu Jain halten sich bedeckt

Schließlich wurde es Jürgen Fitschen dann doch zu bunt: "Deutschland war ein Eckpfeiler unserer Strategie und wird es auch bleiben. Punkt. Aus", beantwortete der Co-Vorstandschef der Deutschen Bank die Frage eines Journalisten mit hörbarer Ungeduld in der Stimme. In den vergangenen Wochen und Monaten kochten Spekulationen hoch, ob das größte Geldhaus des Landes seine Tochter Postbank verkaufen will. Doch bei der Vorlage der Jahreszahlen 2014 ließen sich die Chefs der Bank dazu nicht in die Karten schauen. Die Integration der Postbank werde wie geplant vorangetrieben, Details zur Strategie gebe es wie angekündigt erst im zweiten Quartal.

Auf den ersten Blick sehen die Zahlen der Deutschen Bank überraschend gut aus: Der Gewinn vor Steuern stieg auf 3,1 Milliarden Euro. Dabei hatten Analysten im Vorfeld damit gerechnet, dass die Bank deutlich schlechter abschneidet, für das vierte Quartal des Vorjahres hatten sie im Konsensus gar einen Verlust von 200 Millionen Euro geschätzt. Tatsächlich legte die Bank im Schlussquartal ein Plus von 400 Millionen Euro vor.

Doch was dahinter steckt, ist weniger rosig: "Der Hauptgrund dafür ist, dass wir Rechtsstreitigkeiten nicht wie geplant in 2014 abschließen konnten, daher sind sie noch nicht als Rückstellungen gebucht", erklärte Finanzvorstand Stefan Krause. Die Kosten werden stattdessen im laufenden Jahr anfallen und die Zahlen nach unten drücken. Das unterstrich auch Co-Vorstandschef Anshu Jain: "Die Belastung durch Rechtsstreitigkeiten bleibt hoch", räumte er ein. "Das wird auch 2015 eine Herausforderung sein."

Probleme? Ungelöst

Die Probleme der Bank sind also keineswegs gelöst. Die Rechtskosten sind seit Jahren das große Thema der Deutschen Bank - und werden es bis auf weiteres bleiben. 6000 offene Fälle schiebt die Bank vor sich her, darunter auch richtig große Brocken, wie etwa die noch ausstehende Einigung mit den US-Behörden über die Vorwürfe, dass die Bank den Zinssatz Libor manipuliert haben könnte. Derzeit hat die Deutsche Bank dafür 3,2 Milliarden Euro in der Bilanz reserviert - und hofft darauf, dass die großen Fälle im laufenden Jahr abgeschlossen werden können.

Neu ist, dass im abgelaufenen Jahr zum ersten Mal ein großer Fall im Privatkundengeschäft auftauchte, bisher waren die meisten Rechtsstreitigkeiten im Investmentbanking verursacht worden. Doch aufgrund eines Urteils des Bundesgerichtshofs stellte die Bank im Privatkundengeschäft 450 Millionen Euro zurück, weil sie - wie viele andere deutsche Banken auch - zu hohe Kreditbearbeitungsgebühren verlangt hat. Das Urteil hat vor Weihnachten für Schlagzeilen gesorgt.

Auch sonst macht das Privatkundengeschäft der Bank mehr Probleme als Freude. Bei der Tochter Postbank brach das Ergebnis im vierten Quartal auf 55 Millionen Euro ein, in der gesamten Privatkundensparte ging der Gewinn vor Steuern von 1,6 auf 1,3 Milliarden Euro zurück. Alle anderen Geschäftsbereiche hingegen konnten ihren Ergebnisbeitrag steigern. Angesichts der Strategie-Debatte, die derzeit läuft, sind diese Zahlen von großer Bedeutung. Denn die Deutsche Bank hat sich intern einen Strategieprozess verordnet, der "keine Denkverbote" haben soll.

Diskutiert wird dabei auch, ob das Privatkundengeschäft ganz veräußert werden könnte, oder zumindest neu zugeschnitten werden soll. Auch diesbezüglich versuchten die beiden Co-Vorstandschefs die Spekulationen zu bremsen: Der Geschäftsbereich habe ohne den Einmaleffekt ganz passabel abgeschnitten, vor allem angesichts des schwierigen Umfelds. Damit sind die niedrigen Zinsen gemeint, die allen Banken in Europa im Privatkundengeschäft Probleme bereiten. Dadurch sinken die Margen.

Besser sieht es bei der Vermögensverwaltung aus. Der Bereich, von dem Teile vor drei Jahren schon kurz vor dem Verkauf standen, steigerte seinen Gewinn auf eine Milliarde Euro. Hier sieht die Bank dem Vernehmen nach auch die größten Wachstumspotenziale in den nächsten Jahren. Bisher ist der Bereich vor allem organisch gewachsen, aber vorstellbar ist durchaus, dass in der Zukunft zugekauft wird, sobald die Bank ihre größten Probleme in anderen Bereichen gelöst hat.

Kein Kommentar zu einem möglichen Stellenabbau

Das Investmentbanking lief im vierten Quartal wieder gut, vor allem im Anleihehandel wurden Marktanteile gewonnen. Auch der Zahlungsverkehr konnte zulegen. In beiden Bereichen könnte Wachstumspotenzial liegen: Im Zahlungsverkehr vor allem in Asien und den USA, im Investmentbanking in der Beratung bei Fusionen und Übernahmen sowie in der Finanzierung von Unternehmenskunden. Doch die Erträge sind nur eine Seite der Medaille - die Kosten sind die andere.

In diesem Punkt ist die Deutsche Bank lange nicht da, wo sie sein will. Auf den ersten Blick kann sie verkünden, dass ihr Sparprogramm mit dem Namen Opex die erhofften Einsparungen eingebracht hat. Das hilft jedoch wenig, wenn die Kosten an anderer Stelle steigen. Für regulatorische Kosten veranschlagte das Institut gleich mal 1,3 Milliarden Euro zusätzlich. Ein Ende ist nicht in Sicht. So rechnet das Management etwa damit, dass in 2015 die Bankenabgabe noch "einige hundert Millionen Euro höher ausfallen wird" als in 2014. Und da musste die Bank bereits 221 Millionen Euro an verschiedene Länder abliefern.

Wie die Deutsche Bank dagegen steuern will, dazu hüllten sich die Chefs in Schweigen. Die Frage nach einem erneuten Stellenabbau wollten sie nicht kommentieren. Sie verwiesen lediglich auf die Vorstellung der neuen Strategie im zweiten Quartal.

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