Süddeutsche Zeitung

Chrysler vor der Insolvenz:Schnell mal bankrott

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Die kalkulierte Insolvenz: Nach dem Scheitern der Verhandlungen mit Gläubigern steht Chrysler unmittelbar vor dem Gang zum Gericht. Doch es sieht so aus, als entspräche dies genau den Wünschen des möglichen Partners Fiat.

Auf Geld verzichtet in Krisenzeiten niemand freiwillig. Einige hätten es wohl getan, um den maroden Autokonzern Chrysler doch noch vor der Insolvenz zu retten. Es ging um Schulden in Höhe von 6,9 Milliarden Dollar (5,2 Milliarden Euro). Vier große Gläubigerbanken, denen Chrysler 70 Prozent dieser Summe schuldet, hatten bereits zugesagt, auf ihr Geld länger zu warten oder die Schulden ganz abzuschreiben. Die restlichen 30 Prozent der Schulden sind aber auf rund 40 Hedgefonds verteilt, und die waren nicht so kulant - obwohl die Regierung für den Deal zwei Milliarden Dollar bereitstellen wollte.

Sogar eine weitere staatliche Finanzspritze von 250 Millionen Dollar war den Geldverleihern nicht genug. Wie das Wall Street Journal (WSJ) berichtete, hätten einige der Hedgefonds auch gegen den besten Deal gestimmt. Einige von ihnen hätten ihr Geld gleichzeitig bei Ford und General Motors investiert und würden so von einem Chrysler-Aus profitieren, andere seien für den Fall einer Insolvenz gut versichert und wollten dieses Geld lieber gleich kassieren als abzuwarten.

Damit gibt es unmittelbar vor Ablauf der Galgenfrist um Mitternacht keine Lösung für Chrysler. Der Konzern hatte von der Regierung das Ultimatum gesetzt bekommen, bis Ende April ein umfassendes und tragfähiges Sanierungskonzept vorzulegen.

Italiener ohne Geld

Ein Teil dieses Konzeptes sollte eine Partnerschaft mit Fiat sein. Die Italiener boten an, im Gegenzug für eine Beteiligung in den maroden US-Autohersteller zu investieren und sowohl Technologie als auch Kompetenz mitzubringen. Aber eben kein Geld. Deshalb war es von Anfang an ein mögliches Szenario, Chrysler in die Insolvenz schicken zu lassen, bevor die Italiener einsteigen.

Das amerikanische Insolvenzverfahren könnte dem WSJ zufolge genau die Probleme beheben, die bisher einer italienisch-amerikanischen Partnerschaft im Weg stehen: Eine massive Verschlankung des Netzwerks von Chrysler-Händlern, Zurückdrängen der Ansprüche von Gewerkschaften, kräftiger Jobabbau, Ausräumen der größten finanziellen Altlasten.

Sogar US-Präsident Barack Obama spricht mittlerweile offen von der Insolvenz des Unternehmens, das immer noch rund 54.000 Amerikaner beschäftigt. Seinen Worten zufolge wird es aber eine "sehr schnelle Art von Bankrott" sein.

Die Insolvenz hätte jedoch viele Verlierer, allen voran die Beschäftigten. Die Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) hatte in der Nacht zum Donnnerstag noch versucht, den Gang zum Richter zu verhindern. Nach Gewerkschaftsangaben sprachen sich mehr als zwei Drittel der Beschäftigten für den Rettungsdeal aus, der auch personell harte Sparmaßnahmen nach sich gezogen hätte.

Hoffen auf die Gesundung

Die Insolvenz ist mitnichten das Aus für Chrysler. Sie wird nach Chapter 11 des US-Insolvenzrechts abgewickelt. Dieses Verfahren ist auf die Rettung angeschlagener Unternehmen ausgerichtet und wurde häufig erfolgreich angewendet.

So kam beispielsweise die US-Fluggesellschaft United Airways dank dieses Verfahrens durch die Krise. Nach Chapter 11 arbeitet das Unternehmen unter Gläubigerschutz und unter strikter Aufsicht des Insolvenzrichters weiter mit dem Ziel, sich umfassend zu sanieren. Die Unternehmen können mit Kreditgebern einen Schuldenabbau aushandeln und Mitarbeitern Zugeständnisse bei der Bezahlung abringen. Altlasten können zudem abgespalten und nach Möglichkeit verkauft werden. Zieht sich ein solches Verfahren über Monate oder Jahre hin, kann das Unternehmen allerdings auch noch stärker in die Krise rutschen, weil es beispielsweise das Vertrauen der Kunden nicht zurückgewinnt.

Ist ein Unternehmen so schwach oder überschuldet, dass keine Aussicht auf Rettung besteht, bleibt nur die Liquidation nach Kapitel 7. Sie werden unter die Aufsicht eines vom Insolvenzgericht ernannten Treuhänders gestellt und aufgelöst. Die verbliebenen Vermögenswerte werden verkauft, den Erlös bekommen die Gläubiger. Dieses Schicksal blüht Chrysler nicht, noch nicht.

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