Süddeutsche Zeitung

China:Folgen für die ganze Welt

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Die Exporte der Volksrepublik brechen ein. Davon betroffen sind auch Firmen in Deutschland.

Von Jan Schmidbauer und Jakob Schulz, München

Die chinesische Führung wollte vor allem Stärke demonstrieren, wirtschaftliche Stärke. Eine harte Landung der Wirtschaft sei "absolut ausgeschlossen", sagte der Vorsitzende der Nationalen Entwicklungs- und Reformkommission. Und auch Ministerpräsident Li Keqiang gab sich auf der Tagung des Nationalen Volkskongresses zuletzt gelassen. China habe "enormes Potenzial und genug Raum für Wachstum". Solche Aussagen sollen das eigene Volk und Beobachter auf der ganzen Welt beruhigen. Immerhin arbeitet die Regierung an einem großen Strategiewechsel. China will nicht länger nur die Werkbank der Welt sein, sondern künftig auf Innovationen und einen starken Dienstleistungssektor setzen.

Angesichts schwacher Wirtschaftsdaten blicken Chinas Handelspartner in aller Welt zunehmend besorgt auf die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft. Besonders drastisch zeigt sich die Abkühlung der chinesischen Wirtschaft bei den Exporten. Im Februar brachen die chinesischen Ausfuhren um 25,4 Prozent zum Vorjahresmonat ein. Es ist der stärkste Rückgang seit 2009. Schon im Januar waren die Exporte unerwartet stark zurückgegangen.

In vielen Ländern geht nun die Angst um, dass Chinas Wirtschaft weiter schwächelt und die Weltwirtschaft bremsen könnte. Tatsächlich hat sich das Wachstum des Landes stark verlangsamt. Zwar steckte sich die Regierung zuletzt ein Wachstumsziel von mindestens 6,5 Prozent. Doch von den einst zweistelligen Zuwachsraten ist China weit entfernt.

Die Volksrepublik leidet unter neuer Konkurrenz. Weil die Löhne in den chinesischen Werkhallen und Fabriken stark gestiegen sind, hat das Land seine Vorteile bei den Produktionskosten an andere Länder verloren. Zudem kämpfen Regierung und Unternehmen mit hohen Schulden und Überkapazitäten in wichtigen Industriezweigen wie Stahl, Zement und Kohle. Erst kürzlich hatte Peking angekündigt, in der Kohle- und Stahlindustrie 1,8 Millionen Beschäftigte zu entlassen.

Neben den Ausfuhren gehen auch die Importe zurück, wenn auch mit minus 13,8 Prozent zum Vorjahr nicht so stark. Chinesische Firmen fragen deutlich weniger Rohstoffe nach - darunter leiden Staaten wie Brasilien. Die Südamerikaner hatten riesige Mengen Rohstoffe wie etwa Eisenerz nach Fernost verkauft. Angesichts sinkender Nachfrage nach Rohstoffen sind die Preise und damit auch die Einnahmen Brasiliens stark gesunken.

Auch der zuletzt deutlich gesunkene Ölpreis hat zumindest teilweise seine Ursachen in der wirtschaftlichen Schwäche Chinas. Das Land ist weltweit einer der größten Öl-Importeure. Eine geringere Nachfrage Chinas macht sich auf den Märkten daher besonders bemerkbar. Die niedrigere Nachfrage fällt zusammen mit einem großen Überangebot. Die USA sind dank Fracking wieder zu einem der großen Öl-Förderer der Welt geworden. Zugleich überfluten Länder wie Saudi-Arabien die Märkte mit Öl. Die Rückkehr Irans als Öl-Exporteur nach dem Ende der Sanktionen verstärkt das Überangebot nur noch. Die Mini-Ölpreise haben zuletzt deutliche Lücken in die Haushalte von Ländern wie Russland, Saudi-Arabien oder Venezuela gerissen.

Chinas Schwäche wirkt sich auch auf Länder wie Deutschland aus. Jahrelang profitierten große Industrieunternehmen und Mittelständler von der Nachfrage nach Maschinen made in Germany. Innerhalb von 15 Jahren verfünffachten sich die deutschen Exporte nach China. Wenn Chinas Importe weiter einbrechen, dürften die Zeiten für viele deutsche Unternehmen magerer werden. Nicht auszuschließen, dass dann auch in der schwäbischen Provinz, weit weg von China, Arbeitsplätze in Gefahr sind.

Den deutschen Autoherstellern bereitet die Situation ebenfalls Sorgen. Für Daimler, BMW oder Audi war Chinas Stärke lange Zeit ein Segen. Durch den wachsenden Wohlstand in China boomte die Nachfrage nach deutschen Premium-Fahrzeugen. China wurde für die Autobauer zu einem der wichtigsten Absatzmärkte mit stetig steigenden Zulassungszahlen. Das hat nun vorerst ein Ende. Im Februar, das zeigen aktuelle Zahlen, kauften die Chinesen deutlich weniger Autos.

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SZ vom 09.03.2016
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