Süddeutsche Zeitung

China:Kommunisten in der Investmentbank

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Chinas Staatspartei hat bei der HSBC eine Parteizelle eingerichtet. Die Bank beteuert dennoch, sie habe im eigenen Haus weiter das Sagen.

Von Florian J. Müller

Eigentlich sind Investmentbanker ja eines der größten Feindbilder von Kommunisten. In China arbeiten sie jedoch Hand in Hand, und das mittlerweile anscheinend auch offiziell bei einer internationalen Großbank. Wie die Financial Times berichtet, hat die Kommunistische Partei eine Zelle bei der chinesischen Investment-Tochter der britischen HSBC eingerichtet. Es ist demnach das erste Mal, dass die Partei so sichtbar bei einer ausländischen Investmentbank auftritt - und damit ein Symbol dafür, wie der chinesische Staat die Privatwirtschaft immer stärker seiner Kontrolle unterwirft.

Die HSBC streitet die Einrichtung einer "Zweigstelle" der Partei in ihren Reihen nicht ab. Sie erklärt, Parteizellen seien "weit verbreitet". Die Parteizelle habe jedoch "keinen Einfluss auf die Ausrichtung des Unternehmens" und spiele "keine formelle Rolle bei den täglichen Aktivitäten des Unternehmens". Die "politische Zugehörigkeit" ihrer Mitarbeiter interessiere sie nicht.

Dass HSBC, wie auch viele andere Banken in China, regulär Parteimitglieder beschäftigt, ist schon länger bekannt. Einem Bericht des Telegraph von 2020 zufolge hatten damals mehr als 300 Mitarbeiter ein Parteibuch - darunter auch ein Vizepräsident der China-Tochter. Und auch wenn HSBC bestreitet, dass die Partei bei ihr mitentscheiden kann, ist jedoch genauso klar, dass auf dem chinesischen Markt kein Unternehmen bestehen kann, das sich aktiv gegen den Willen der Partei stellt. 2020 unterstützte die HSBC beispielsweise öffentlich die Einführung des sogenannten Nationalen Sicherheitsgesetzes in Hongkong, auf dessen Grundlage Demokratie-Aktivisten verfolgt werden. Daraufhin rückte die britische Regierung von der größten Bank im eigenen Land ab.

2018 hatte jedes zweite privatwirtschaftliche Unternehmen eine Zweigstelle der Partei

Die HSBC sieht jedoch großes Wachstumspotenzial in China. Der Finanzsektor dort war bislang hart reguliert, und ausländische Firmen durften nur in Gemeinschaftsunternehmen mit einheimischen Staatsunternehmen agieren. Nun wurden die Regeln etwas gelockert. HSBC beispielsweise durfte im Frühjahr 90 Prozent an der gemeinsamen Investmentbank mit der Staatsfirma Qianhai übernehmen. Das bedeutet aber nicht, dass der Staat nun plötzlich außen vor ist.

Die betreffende HSBC-Tochtergesellschaft verlinkt auf ihrer Website das chinesische Unternehmensgesetz, wonach alle privaten Firmen die Gründung einer Parteiorganisation in ihren eigenen Reihen zulassen müssen. Diese sollen die Kommunikation zwischen der Partei und ihren Mitgliedern sicherstellen, diese ideologisch schulen und Fehlverhalten melden. Der US-Denkfabrik Macro Polo zufolge wurde diese Vorschrift lange Zeit aber ignoriert. Erst unter Partei- und Staatschef Xi Jinping wurde sie wirklich forciert. 2018 hatte demnach bereits jedes zweite privatwirtschaftliche Unternehmen eine Zweigstelle der Partei, nachdem es 25 Jahre zuvor nur vier Prozent waren.

Nicht nur die Zahl der Parteiorganisationen hat in den vergangenen Jahren zugenommen, auch deren Rolle wurde gestärkt: 2020 rief das Zentralkomitee der Partei die Zellen dazu auf, private Unternehmen "anzuleiten", "ihre Corporate-Governance-Struktur zu verbessern und die Einrichtung eines modernen Unternehmenssystems mit chinesischen Merkmalen zu prüfen". Wie stark die Zweigstellen tatsächlich in Betriebsentscheidungen eingreifen, ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich und meist intransparent. Ausländische Firmen waren davon Berichten zufolge jedenfalls bislang verschont geblieben. Das scheint sich nun zu ändern.

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